Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 14. Sitzung / Seite 17

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Aber Sie sind ja nicht einmal in der Lage, einen wirklichen Kassasturz zu machen, die Höhe der Schulden tatsächlich festzustellen. Sie haben in einzelnen Ministerien nicht einmal eine offene Postenrechnung, Sie wissen nicht, wie hoch die Verwaltungsschulden dezidiert sind. Sie wissen nicht, wie hoch die Lieferantenverbindlichkeiten sind. Wie sollen Sie einen Kassasturz machen, wie können Sie sagen, daß Ihnen 100 Milliarden Schilling fehlen? Sie haben sie wahrscheinlich geschätzt. Mittlerweile sind es ja 145 Milliarden! Das ist die Wahrheit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben wirklich eine eigenartige Art und Weise, Einsparungen darzustellen. Wie soll es Ihnen bei der Post, die ohnedies schon so hoch verschuldet ist, gelingen, in den nächsten zwei Jahren zuzüglich der Umsatzsteuer 20 Milliarden Schilling zu lukrieren? – 20 Milliarden Schilling von einem Unternehmen, das hoch verschuldet und ein echter Problemfall ist. Und jetzt soll das ganze Unternehmen eine sogenannte Cash-cow werden. Sie glauben wohl selbst nicht, daß das gelingen wird.

So, wie Sie hinsichtlich der Post beziehungsweise der Einnahmenerwartungen bei der Post vorgehen, gehen Sie auch bei der Erstellung des Budgets mit den Wirtschaftsdaten beziehungsweise den Wachstumsdaten vor. Während im Zuge der Budgetverhandlungen mit Wifo-Zahlen für das Wachstum für das Jahr 1996 von 1,6 Prozent beziehungsweise für 1997 von 1,2 Prozent argumentiert beziehungsweise operiert wurde, hat einen Tag vor der Regierungserklärung des Bundeskanzlers das Wifo eine Rezession nicht mehr ausgeschlossen.

Gleichzeitig revidiert IHS-Chef Felderer die Wachstumsprognose von 1996, die laut IHS ohnedies nur mehr bei 1,4 Prozent lag, weiter nach unten. Und Sie, Herr Minister, haben gestern von der Regierungsbank aus gesagt: Dieses Budget ist erstellt worden auf Basis einer Wachstumsrate von 1,6 Prozent.

Das heißt, auch bei Ihnen ist es so wie bei Ihrem Vorgänger Lacina – Staribacher hat ja kein Budget zusammengebracht –: Die übliche Schere zwischen Budgetrede und Wirtschaftsrealität wird immer größer! (Beifall bei den Feiheitlichen.)

Diese Vorgangsweise hatten wir von einem Mann wie Ihnen, Herr Finanzminister, der Sie aus der Wirtschaft kommen, nicht erwartet. Von Ihnen hatte ich mir erwartet, daß Sie ein bißchen mehr Realitätssinn haben, daß Sie nicht Märchenstunden halten wie andere. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Laut Felderer können wir die Wachstumsentwicklung in Österreich nicht autonom sehen. Wir sind ja abhängig von der Entwicklung in Deutschland, davon, wie die Schätzungen für Deutschland ausschauen, wie die Evaluierung der Wachstumsraten in Deutschland ausschaut. – 1995 gab es in Deutschland ein Minuswachstum: viertes Quartal: minus 0,5 Prozent. Für 1996 sind die Prognosen so stark revidiert worden, daß sie gegen null gehen.

Wir sind unmittelbar beziehungsweise mittelbar von den deutschen Wirtschaftswachstumsraten abhängig, und die Budgetzahlen, die Sie dem Hohen Haus hier präsentiert haben, sind aufgebaut auf diesen Prognosenzahlen.

Was wird passieren, wenn das prognostizierte Wachstum nicht eintritt? – Es wird das Budget wieder aus allen Fugen geraten. Das Budget ist ja sogar im Jahr 1995 aus den Fugen geraten, als wir noch reale Wachstumsraten hatten: im ersten Quartal: 0,9 Prozent, im zweiten Quartal: 0,4 Prozent. Trotzdem und trotz Ihres Sparpakets I ist der Bundeshaushalt 1995 total aus den Fugen geraten; das Defizit stieg von 102 Milliarden auf 118 Milliarden Schilling.

Wohin soll das denn führen? Wenn Sie in einer Zeit, in der es ein Wirtschaftswachstum gibt, keine Budgetkonsolidierung zustande bringen, wie wollen Sie diese dann in einer Zeit der Rezession zustande bringen? Den Bürgern sagen Sie: Das wird schon gehen! – Da befinden Sie sich wirklich auf dem falschen Weg! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Warum soll es gerade bei uns in Österreich gelingen, auf die falsche Art und Weise – nämlich einnahmenseitig – die Budgetsanierung durchzuführen? Grundlegende strukturelle Änderungen


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