Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 14. Sitzung / Seite 23

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Diese Bundesregierung geht leider diesen Weg, daß sogar das Steuerrecht auf der Spielwiese dieser Regierungspolitiker ausgetragen wird; auch die Rechtsunsicherheit wächst. Mittels Verfassungsbestimmungen wollen Sie auch den schlüssigen Aufbau des Steuersystems sowie die Steuerkontinuität ad absurdum führen.

Allein die Bestimmungen des Investitionsfreibetrages haben Sie in den letzten fünf Jahren viermal geändert! (Abg. Dr. Haider: Das ist ein Faktum!) Es ist doch kein Vertrauen mehr da! Was soll denn ein Investor, der in Österreich investiert, von Österreich halten, wenn Sie die Rahmenbedingungen ständig ändern? – Er wird natürlich nicht mehr in Österreich investieren.

Aber nicht nur die Steuerkontinuität ist gefährdet. Sie wollen jetzt mit diesen Strukturanpassungsgesetzen die Bundesverfassung so behandeln, daß diese im Hinblick auf die Budgeterstellung keine Gültigkeit mehr hat. Denn anders ist es nicht zu erklären, daß gerade im Einkommensteuergesetz 20 Maßnahmen beschlossen werden sollen, von denen die Kammer der Wirtschaftstreuhänder der Überzeugung ist, daß diese verfassungswidrig sind. Sie sollen, wie der Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder kritisierte, als Verfassungsbestimmungen beschlossen und so der nachfolgenden Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof entzogen werden. Diese Vorgangsweise veranlaßt Herrn Kammerpräsidenten Klaus Hübner – wörtlich! –, "alle demokratisch Gesinnten, denen an den Grundprinzipien unseres Staates gelegen ist, aufzurufen, sich deutlich gegen diese Vorgangsweise auszusprechen". (Ruf bei den Freiheitlichen: Und die ÖVP macht mit!)

Sie wollen das umgehen. Der Gesetzgeber will vor allen Dingen das Prinzip des Rückwirkungsverbots von Gesetzen umgehen, denn wenn Sie keine Verfassungsbestimmung machen, dann können Sie die Gesetze nicht rückwirkend einführen – und das würde Ihren Griff in die Steuersäckel der österreichischen Bürger beziehungsweise Bürgerinnen wieder arg unterminieren. (Zwischenruf des Abg. Edler. – Abg. Dr. Haider: Du hörst nicht zu, das ist dein Problem! – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Edler. )

Herr Finanzminister! Daß es so nicht weitergehen kann, sagte Präsident Hübner auch, indem er ausführte: Wir sind zwar miteingebunden gewesen in die Gespräche über die Maßnahmen für dieses Sparpaket, aber es war nicht davon die Rede, daß es rückwirkende, verfassungswidrige Maßnahmen gibt. (Abg. Edler: Herr Kollege Trattner! Machen Sie Vorschläge!) Da gibt es ein völlig kontraproduktives Verhalten Ihrerseits!

Auch der Innsbrucker Steuerrechtler Doralt bringt Ihre Fiskalpolitik auf einen Punkt. Er meinte – ich zitiere –: Der einzelne Steuerpflichtige ist dem Chaos der "Reformer" ausgeliefert. Es gibt weder Vereinfachungen noch wurden Privilegien beseitigt. Eine große Chance wurde vergeben. Hier haben nicht nur die Politiker versagt, sondern auch die Beamten des Finanzministeriums.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß es hier zu einem Kahlschlag quer durch die gesamte österreichische Bevölkerung kommt, und zwar ohne Rücksicht auf irgendwelche begleitende Maßnahmen. Das wird nicht nur von den Oppositionsparteien kritisiert, sondern auch vom Präsidenten des Rechnungshofes, von Universitätsprofessoren, von Leuten, die nicht der freiheitlichen Partei, sondern die dem roten beziehungsweise dem schwarzen Lager nahestehen, die jedoch nicht mehr mitanschauen können, welche Budgetpolitik Sie da betreiben wollen. Sie werden mit dieser Budgetpolitik keine Lösungen schaffen!

Sie haben immer wieder beteuert – es ist das auch in der Regierungserklärung Vranitzky V gesagt worden –, man müsse den Mut zur Wahrheit haben. – Den Mut zur Wahrheit hätte ich von Ihnen hier einmal erwartet; gestern bei der Budgetrede zum Beispiel. Den Mut zur Wahrheit, daß Sie gesagt hätten, wie der Budgethaushalt wirklich aussieht und wie es in Zukunft weitergehen soll.

Aber da Sie und der Herr Bundeskanzler im Zuge der Debatte über diese Regierungserklärung das Wort "Mut" immer wieder in den Mund genommen haben, darf ich Ihnen einen Satz von Alfred Herrhausen in Erinnerung rufen. Herrhausen kritisiert die auch in Österreich ausgebrochene "Unter-uns-gesagt-Gesellschaft", in der immer öfter Wahrheiten unterdrückt werden,


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