Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 14. Sitzung / Seite 26

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Herrn Vizekanzler ist das herausgerutscht, was er selbst auch wirklich gemeint hat. Er hat tatsächlich "Schwindelbudgets" gemeint, und ich bin davon überzeugt, er hat gewußt, wovon er spricht.

Wir kennen sie alle, diese Schwindelbudgets. Sie sprechen darin von Budgetdefiziten von 90 Milliarden, und es werden 120 Milliarden Schilling. Sie sprechen von 102 Milliarden Schilling, und es werden 118 Milliarden Schilling und ähnliches mehr. Das alles, meine Damen und Herren, bereits nach Anwendung aller in der Kameralistik erlaubten – und daher selbstverständlich auch möglichen – Tricks. Ich bin nicht gegen diese Darstellung, Herr Sektionschef und meine Damen und Herren von den Beamten, ich bin nur der Meinung, man sollte auch darauf hinweisen, wie man es gemacht hat – es sei denn, Sie haben die Absicht, uns dumm sterben zu lassen. Aber da muß ich Ihnen sagen: Ganz so dumm sind wir dann vielleicht doch wieder nicht und finden den einen oder anderen Hinweis.

Sie schreiben in Ihrem Budgetbericht 1996, es gäbe zwar eine Überschreitung – Sie erinnern sich, meine Damen und Herren: 102 Milliarden Schilling, sonst geht Lacina, hat es geheißen; herausgekommen sind 117 Milliarden Schilling, und Lacina ist trotzdem gegangen –, aber das wäre gar nicht so schlimm, denn es seien ja 15 Milliarden Schilling der Rücklage zugeführt worden. Es fehlt allerdings der Hinweis darauf, daß auch 20 Milliarden Schilling der Rücklage entnommen wurden. – Und das sind die Dinge, mit denen ich Probleme habe, weil ich Ihre Motive nicht erkenne, diese Darstellung den Abgeordneten gegenüber so zu machen. Entweder sollen die Abgeordneten nicht draufkommen, also dumm "sterben" oder Sie wollen eine ganz bestimmte unrichtige Außenwirkung erzielen.

Meine Damen und Herren! Natürlich ist es ein Problem, wenn ein Budget – respektive zwei Budgets in diesem Fall – von unrealistischen Wirtschaftswachstumsraten ausgeht. 1,6 Prozent und 1,2 Prozent werden – das wissen Sie schon längst, so wie wir es wissen, denn Ihre Experten sagen es Ihnen und haben es Ihnen schon oft genug gesagt – nicht gehalten werden können, sondern es ist bestenfalls ein halbes Prozent drinnen. Und dazu müßten wir uns, glaube ich, noch gratulieren, denn dann wäre das Schlimmste für 1996 an uns vorbeigegangen.

Jetzt sagt der Herr Bundesminister für Finanzen, das sei gar nicht so schlimm, denn pro einem Verfehlen von 0,3 Prozent in der Einschätzung des Wirtschaftswachstums sei das Nettodefizit nur mit 0,06 Prozent beeinflußt, und das wäre sozusagen verkraftbar. Herr Bundesminister! Ich glaube, Sie, Ihre Experten und Ihre Beamten wissen, daß diese 0,06 Prozent nicht stimmen werden. Wenn wir das Wirtschaftswachstum tatsächlich um einen Prozentpunkt verfehlen – und das ist durchaus realistisch, das ist keine Panikmache, meine Damen und Herren, sondern das ist eine Feststellung, und ich glaube, es ist immer gut, wenn man der Realität ins Auge sieht, sich darauf einstellt und sich nicht in einer Sicherheit wiegt, die nicht gegeben ist –, wenn wir 1996, also im ersten Budgetjahr, einen Rückgang des Wirtschaftswachstums von 1 Prozent haben werden, dann werden Sie mit mindestens 0,3 bis 0,4 Prozent Defizitsteigerung rechnen müssen. Da Sie aber so knapp daranliegen, macht es sehr wohl etwas aus, denn Sie haben Ihren vielbeschworenen Spielraum nicht. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Bundesminister! Sie sind auch großzügig in der Interpretation, was einnahmenseitig beziehungsweise was ausgabenseitig ist. Sie bemächtigen sich ferner eines positiv besetzten Wortes in der Bevölkerung. Die Österreicher waren immer sparsame Leute, und sie sehen das Wort "Sparen" positiv besetzt. Wenn man daher eine politische Maßnahme erkennbar mit diesem Sparwillen verknüpft, dann, so meinen Sie, ist es sozusagen leichter, es wird eher akzeptiert. Daher sagen Sie, zu zwei Dritteln würden Sie ohnehin sparen. – Sie sparen, wie heute schon erwähnt wurde, nicht im Ausmaß von zwei Dritteln, sondern bestenfalls im Ausmaß von 50 Prozent, und die anderen 50 Prozent sind reine Geldbeschaffungsaktionen! Es gibt diesbezüglich in Ihren eigenen Unterlagen Widersprüche, Herr Bundesminister, und daher müssen Sie sich auch in diesem Punkt den Vorwurf "Schwindel" gefallen lassen.

Ein besonderes Thema in diesem Budgetentwurf und auch in Ihrer Budgetrede sind die Privatisierungserlöse. Sie verkaufen sie gleich mehrfach. Auf der einen Seite sagen Sie, Sie hätten nur mit 4,7 Milliarden Schilling gerechnet, es werden aber wohl viel mehr werden. – Ich


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