Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 14. Sitzung / Seite 35

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Meine Damen und Herren! Diese Tabelle – wie gesagt, von der Regierung selbst vorgelegt – spricht eine deutliche Sprache, und sie beweist, daß dieses Paket sozial unausgewogen ist. Auch die Kürzungen bei den Transferleistungen wurden bewußt dort nicht angesetzt, wo die Transferleistungen von unten nach oben umverteilen, etwa im gesamten Bereich der Wohnbauförderung, wobei ich betone, daß wir selbstverständlich für eine Wohnbauförderung und für eine diesbezügliche Unterstützung sozial Schwacher eintreten, nicht aber für eine Fortschreibung der Förderung der rot-schwarzen Wohnungswirtschaft und für eine Umverteilung von unten nach oben.

Hohes Haus! Viertens: Wir erachten dieses Paket als bildungsfeindlich und als dazu geeignet, neue Hierarchien aufzubauen. Und wieder brauche ich das nicht mit einer grünen Kritik zu begründen, sondern diesbezüglich spricht das Wifo eine sehr klare Sprache. Das Wifo sagt, das Sparpaket werde zu einer Verdoppelung der Akademikerarbeitslosigkeit führen. Was das angesichts einer ohnehin schon stark angestiegenen Akademikerarbeitslosigkeit heißt, das brauche ich Ihnen wohl nicht zu sagen.

All das bedeutet: Belastungen für die Familien von Studierenden und die Studierenden selbst, Belastungen für den Mittelbau – einmal mehr auch dort! –, Aufbau neuer Hierarchien und die Tatsache, daß die Frauen an den Universitäten von diesem Paket stärker betroffen werden als die Männer. Beispiel Universität Innsbruck: Frauen stellen bei den halbtags beschäftigten Vertragsassistenten einen Anteil von 37,3 Prozent, bei den habilitierten Assistenten hingegen einen Anteil von nur 8,8 Prozent. – Auch da gilt: Sie tun es versteckt und etwas zugedeckt, aber die Frauen- und Bildungsfeindlichkeit zieht sich durch das ganze Paket wie ein roter Faden! (Beifall bei den Grünen.)

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, daß die Studierenden von einem "volkswirtschaftlichen Wahnsinn" sprechen. Und die Art und Weise, wie Sie in den letzten Tagen das Parlament abriegeln mußten, wie Sie auch hier offenbar wirklich nur mehr ganz wenige Leute bis auf die Galerie vorlassen, spricht Bände. Das ist die erste Budgetberatung, bei der Sie dieses Haus vor der österreichischen Bevölkerung praktisch verschlossen halten – und das ist ein Skandal an sich! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Mühlbachler: Dank der Grünen! – Abg. Großruck: Weil Sie die Bevölkerung aufgehetzt haben! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Nicht "dank der Grünen", sondern dank dieser Ihrer unökologischen, unsozialen, unausgewogenen und unwirtschaftlichen Sparpolitik! Sie werden in Österreich die Demokratie nicht abschaffen! Und Demokratie heißt, daß Menschen ihren berechtigten Unmut auch zum Ausdruck bringen können – so wie Sie hier auch frei reden können! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Koppler: Nur dann, wenn es Ihnen paßt!)

Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, haben für Ihre Klientel, für eine viel kleinere Bevölkerungsgruppe, der ich auch berechtigte Anliegen zugestehe, am Ballhausplatz mit einer Demonstration von Landwirten mit Traktoren – wie gesagt: berechtigte Anliegen! – über 1 Milliarde Schilling erfochten. Für diejenigen aber, die jetzt auch ihre berechtigten Anliegen anmelden, wollen Sie am liebsten nur Zäune errichten und Polizisten mit Schlagstöcken auftreten lassen! Das ist wider den Geist der Demokratie! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Großruck: Wir haben einen Rechtsstaat!) – Da frage ich Sie: Wo war der Rechtsstaat bei den Demonstrationen der Landwirtinnen und Landwirte? (Abg. Großruck: Gestehen Sie Ihre Wahlniederlage ein! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Wir sind in der zweiten Republik und nicht im Ständestaat!)

Meine Damen und Herren! Fünftens: Dieses Paket ist kunst- und kulturfeindlich. Sie haben bei allen Förderungen, die die Wirtschaft betreffen, nichts eingespart. Die Wirtschaft darf weiter die Hände aufhalten. Es wundert mich, daß Herr Abgeordneter Haselsteiner hier eigentlich sehr wenig darüber gesagt hat, weshalb die Wirtschaft keine Kürzungen ihrer Förderungen erfahren muß, obwohl wir wissen, daß diese Förderungen teilweise wenig effizient sind und gießkannenartig ausgeschüttet werden. Im Kunst- und Kulturbetrieb dagegen – ein Bereich, der in Österreich auch ein Wirtschaftsfaktor ist – werden Förderungen um 10 Prozent gekürzt.


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