Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 36

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einer Bundesregierung zur Kasse gebeten, wie das deutlicher nicht zum Ausdruck kommen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Der Bundeskanzler selbst hat noch mit einem spektakulären Brief an alle Pensionisten in Österreich – man rätselt heute noch, wie er zum Adressenmaterial kommen konnte, wohl nur unter Mißbrauch des Datenschutzgesetzes ... (Abg. Mag. Ederer – lachend –: Was?) Das finden Sie lustig? Dann erklären Sie einmal den verblüfften Österreichern, erklären Sie den Pensionisten in Österreich, wie eine Parteiorganisation, die Sie damals noch als Bundesgeschäftsführerin vertreten haben (Abg. Mag. Ederer: Noch immer!), zum vertraulichen Adressenmaterial aller Pensionistinnen und Pensionisten in Österreich kommt (Abg. Parnigoni: Sie haben keine Ahnung!) , auch jener Pensionisten, die keinen Wert darauf legen, vom Bundeskanzler mit einem Schreiben angeschmiert zu werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Denn nichts andres ist es letztlich, wenn der Bundeskanzler schönfärberisch verspricht, daß er keine Kürzung der Pensionen vorhabe, wir aber heute zur Kenntnis nehmen müssen, daß die Pensionisten aber zu den Reallohnverlierern dieser Republik zählen.

Was anderes als ein Anschmierversuch ist es denn, wenn der Herr Bundeskanzler sagt, die sicheren Arbeitsplätze seien die beste Garantie dafür, daß die Pensionen auch in Zukunft gesichert sind, es gleichzeitig aber diese Bundesregierung zu verantworten hat, daß wir derzeit 300 000 Arbeitslose in Österreich haben und damit einen neuen Negativrekord in der Arbeitslosenstatistik in Österreich bewältigen müssen? Die Bundesregierung tut nichts anderes, als Papier zu produzieren und mit diesem Papier das Parlament um seine Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte zu bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Das wäre Grund für jede Fraktion und für jeden einzelnen Abgeordneten hier in den Rängen, sich dagegen zur Wehr zu setzen, sich das nicht bieten zu lassen. – Statt dessen aber haben wir im Ausschuß erleben müssen, wie dieses Husch-pfusch-Budget, wie diese Husch-pfusch-Aktion durch zahllose Abänderungsanträge, die die Regierung im letzten Moment eingebracht hat, durch Inkompetenz, durch Gemeinplätze, die Mitglieder der Bundesregierung, die Auskunft erteilen hätten sollen, von sich gegeben haben, durch Filibustern von der Ministerbank aus noch mehr pervertiert wurde, als bereits durch die Kilos an Papier dem Haus zugemutet wurde.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Was wir heute zur Kenntnis nehmen müssen, ist, wie Anneliese Rohrer richtig sagte, nicht nur Mißbrauch, nicht nur kalte Ausschaltung des Parlaments, sondern stellt letztlich auch eine Verletzung sämtlicher Budgetgrundsätze, die in unserer Verfassung festgeschrieben sind, dar.

Es ist der Grundsatz der Einjährigkeit massiv verletzt. – Das wollen wir aber der Regierung noch nachsehen. Nach dem Kuddelmuddel, den Sie im Herbst des vergangenen Jahres produziert haben, bleibt ja eigentlich gar nichts anderes übrig.

Es wird der Grundsatz der Vollständigkeit verletzt. Wer gesehen hat, wie die Regierung im Parlament herumgeschustert hat, wie einzelne Minister im letzten Moment Zahlen korrigieren mußten, wie man ein bißchen etwas bei der Wohnbauförderung weggenommen hat, weil man nicht wußte, wie man sonst Positionen, die plötzlich aufgetaucht sind, bedecken soll, wer das alles gesehen hat, weiß, daß der Grundsatz der Vollständigkeit des Budgets und der Grundsatz der Budgetwahrheit, Herr Minister, ganz massiv verletzt werden. (Abg. Parnigoni: Sie kennen sich nicht aus!)

Die Regierung ist drauf und dran, das Parlament zu mißachten. Die Regierung ist drauf und dran, das Parlament kalt auszuschalten. Und die Regierung hat es längst zur gängigen Regierungspolitik gemacht, auch die verfassungsgesetzlich festgelegten Grundsätze der Budgetpolitik in Österreich zu mißachten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dagegen tut aber niemand etwas – auch nicht jener Mann, der von seinem Amt her dazu berufen wäre, am massivsten Widerstand gegen den Versuch der kalten Ausschaltung des Parlamentes zu leisten: Der Präsident des Nationalrates hätte auch die Aufgabe, die Rechte des Hohen Hauses zu schützen und zu verteidigen. Aber in einer Äußerung, die diensteifriger und


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