Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 38

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Herren, hat es in dieser Republik noch nicht sehr oft gegeben. Die Regierung hat eine neue "Qualität" an Dreistigkeit erreicht.

Demokratiepolitisch unnatürlich ist dieser Zusammenschluß allerdings nur für jene – insbesondere ausländische – Beobachter unserer politischen Szene, die die Österreichische Volkspartei nicht kennen. Denn wer die Österreichische Volkspartei so kennt, wie ich sie kenne, der weiß, daß die SPÖ keinen willfährigeren Partner in diesem Haus und in dieser Republik finden kann, als eben jene Österreichische Volkspartei, die schon umfällt, bevor es die SPÖ überhaupt verlangt hat, meine Damen und Herren! Und das wird bei dieser Budgeterstellung mehr als deutlich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Eine Oppositionsfraktion hat aus einer verständlichen emotionalen Erregung über die Zumutung, die sich die Regierung dem Parlament gegenüber leistet, den Auszug aus den Ausschüssen und die Diskussionsverweigerung beschlossen.

Meine Damen und Herren vom Liberalen Forum! Ich habe für Ihre Vorgangsweise großes Verständnis. Die Abstinenz ist allerdings nach dem Politischen Wörterbuch des Jahres 1885 nur sehr selten geglückt. Sie ist den Ungarn geglückt und hat zum "Ausgleich" geführt. Sie ist den Tschechen geglückt und hat zur Anerkennung ihrer wichtigsten Forderungen geführt. Sie ist allerdings – und das hat man ja gesehen – den Mächtigen dann gleichgültig, wenn es "bloß" – unter Anführungszeichen – um die Einhaltung der Verfassung und der Verfassungsgrundsätze geht. Und das mußte die Öffentlichkeit und leider auch Ihre Fraktion, genauso wie meine, zur Kenntnis nehmen.

Ich ersuche Sie daher, nicht nur im Hinblick auf die Einhaltung formeller und materieller Verfassungsgrundsätze so vorzugehen, sondern auch dann – wie das bereits im Politischen Wörterbuch des Jahres 1885 zum Ausdruck kam –, wenn jährlich Millionen an eine mächtige Clique verschenkt werden sollen. Es wäre Ihnen die ungeteilte Zustimmung der gesamten Bevölkerung für Ihre Abstinenzhaltung sicher. Das hat man bereits 1885 erkannt, Hohes Haus!

Wenn ich mir anschaue, wie Sie Presseförderung handhaben, ist zu erkennen, daß Sie mit der Verteilung von zig Millionen an mächtige Cliquen nicht Schluß machen. Auch im Bereich der Kulturförderung bedienen Sie Ihre mächtigen Cliquen in Zukunft weiter. Wenn Sie sich mit uns gemeinsam auch inhaltlich gegen die verfälschte Budgetpolitik der Bundesregierung, wo man wenige schützt, aber der Masse in die Taschen greift, verständigen, garantiere ich Ihnen, daß wir damit erfolgreicher sein werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Letztlich hat sich gezeigt, daß die Abstinenz und der Auszug genauso wie die Diskussionsverweigerung zwar eine Protesthaltung darstellen, aber letztlich Ausdruck einer gewissen hilflosen Ohnmacht sind. Was übrigbleibt, ist die Trauer über den erschlagenen Parlamentarismus, eine Trauer ... (Ironische Heiterkeit des Abg. Ellmauer .) Das finden Sie da oben zum Lachen? Wie lange sind Sie schon im Parlament? Wie lange sind Sie eigentlich schon Parlamentarier? Sie finden das zum Lachen! Der Parlamentarismus wird zugrunde gerichtet, und die ÖVP findet das auch noch zum Lachen! Sie fällt nicht nur um, sie findet das auch noch lustig!

Sie sollten sich einmal überlegen, warum Sie hier herinnen sitzen! Sie sollten sich einmal überlegen, warum Sie ein ordentliches, ein stattliches Gehalt kassieren. Sie sollten sich einmal überlegen, wen Sie hier zu vertreten haben: Nicht die Regierung, sondern das Volk haben Sie zu vertreten! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Vergegenwärtigen Sie sich das einmal, und dann wird Ihnen der Humor vergehen, Herr Kollege, dessen Namen mir nicht bekannt ist. (Abg. Marizzi: Oberlehrer!)

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Minister, jetzt müssen Sie aufpassen, jetzt wird es wieder wichtig für Sie! Wir verlangen namentliche Abstimmung über Verfassungsbestimmungen, die einen Mißbrauch der Verfassung darstellen, da durch Erhebung in Verfassungsrang die Kontrolle des Verfassungsgerichtshofes verunmöglicht wird, über diese Anschläge, die Sie vorhaben, nämlich Verfassungsbestimmungen zu schaffen, die demokratiepolitisch und rechtspolitisch unerträglich sind (Beifall bei den Freiheitlichen), über Passagen, hinsichtlich derer Ihr eigener Parteifreund oder Genosse – ich weiß nicht, wie es derzeit bei Ihnen heißt – Häupl


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