Meine Damen und Herren! Ein Strukturverbesserungspaket, das nicht ein Anpassungspaket an Ihre Politik ist, müßte auf neun Säulen ruhen, um den Problemen offensiv begegnen und den Wirtschaftsstandort und damit die Beschäftigung Österreichs stärken zu können.
Erste Säule: eine wirkliche Lohn- und Einkommensteuerreform. Dazu hatten Sie nicht den Mut, nicht die Kraft – oder nicht den Willen, ich weiß es nicht. Nur die allgemeine Veranlagung als Basis führt zur Selbstveranlagung des mündigen Bürgers. Unter Beibehaltung der Höchststeuersätze muß die Progression überarbeitet und das 13. und 14. Gehalt selbstverständlich zum Jahresgehalt miteinbezogen werden. Da wäre sogar ein Spielraum für Sie gewesen, um Mehreinnahmen zu erzielen.
Zweite Säule: die Ökologisierung des Steuersystems. Was Sie mit der Erhöhung der Energiesteuern tun, ist in Wahrheit langfristig ein Verbrechen an der Idee des ökologischen Steuersystems. (Beifall beim Liberalen Forum.)
Sie desavouieren die Energiesteuern im Bewußtsein der Bevölkerung, und Sie machen aus ihnen das, was Sie eigentlich immer vorgehabt haben, daraus zu machen: eine inflationstreibende Erhöhung des indirekten Steuerniveaus.
Eine Ökologisierung des Steuersystems – langfristig planbar, schrittweise umgesetzt, sozial ausgeglichen, aufkommensneutral umgesetzt und unter Nutzung eines nationalen Spielraums, eines autonomen Spielraums eingesetzt – entlastet die Arbeitskosten und belastet die Ressourcen. – Sie haben sich dieser Frage jedoch nicht gewidmet, ihr verweigert. Sie müssen deshalb die Strukturen an Ihre Politik anpassen, verbessern aber nicht die Strukturen für die Zukunft unseres Landes.
Die dritte Säule ist die Schaffung eines Risikokapitalmarktes. Es gibt ein magisches Dreieck in Österreich zwischen der riesigen Geldvermögensbildung in privater Hand – 3 700, 3 800 Milliarden Schilling – auf der einen Seite, der Eigenkapitalarmut der Wirtschaft und der Verschuldung des Staates auf der anderen Seite. Haben Sie sich einmal den Kopf darüber zerbrochen, wie wir in der Politik die Rahmenbedingungen setzen müßten, um ein Volk von Sparern, das lieber Zinsen arbeitslos kassiert, als Zinsen selbst verdient, dazu zu bringen, daß mehr Leute bereit sind, Zinsen zu verdienen, als nur Zinsen zu kassieren?
Haben Sie von den Koalitionsparteien einmal in den letzten zehn Jahren darüber nachgedacht, daß Sie eigenkapitalfeindlich agiert haben? Wenn heute der Herr Finanzminister den Unternehmern in Österreich zuruft: Legt euer Geld nicht auf’s Sparbuch, nein, erarbeitet selbst Zinsen!, ja dann frage ich mich: Was geht denn das den Finanzminister an? Er hat gefälligst die Rahmenbedingungen so zu schaffen, daß sich die Unternehmer so entscheiden. Aber auf seine Aufrufe kann ich – das sage ich hier in aller Deutlichkeit – verzichten! (Beifall beim Liberalen Forum.)
Eigenkapitalfeindliche Politik, eine Politik, die zu hoher Realverzinsung führt, diese Politik, die zehn Jahre lang gemacht worden ist, führt dazu, daß es eben wirtschaftlicher ist, sein Geld anzulegen und andere dafür arbeiten zu lassen, als es selbst einzusetzen und das unternehmerische Risiko zu tragen. Wir haben zu geringe Gewinne in Österreich. Wir haben zu geringes Eigenkapital, daher haben wir auch zu wenig Arbeitsplätze.
Unternehmer sein heißt nicht, mit zwei goldenen Löffeln zu essen. Unternehmer sein heißt, etwas zu verwirklichen, etwas zu gestalten, und dazu braucht man Eigen- und Risikokapital. Sie werden mit dieser Politik keine Unternehmensgründungswelle in Gang setzen. Sie werden keine Exportoffensive starten und leider auch keine Beschäftigung schaffen, wenn die Unternehmungen nicht die Basis in Form von Eigen- und Risikokapital haben, wenn es Ihnen nicht gelingt, Venturecapitalfonds zu bilden, wenn Sie nicht die Börse wiederbeleben und Beteiligungsgesellschaften finden, die auch steuerliche Synergien brauchen, damit es sich lohnt, nicht nur Staatspapiere zu zeichnen, sondern auch Eigenkapital anzulegen. (Beifall beim Liberalen Forum.)