Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 221

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Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! "Die Institution Familie muß geschützt werden, und es müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, damit ihre Leistungen für die Gesellschaft anerkannt werden." – Dieser Satz stammt aus einer Erklärung der Kommission der Europäischen Union aus dem Jahre 1994. Dieser Feststellung kommt auch in Österreich besondere Bedeutung zu.

Die Aufwendungen aus dem Budget 1996 für den Familienbereich liegen bei zirka 59 Milliarden Schilling und haben sich im letzten Jahrzehnt fast verdoppelt. Unsere Zeit unterliegt einem raschen Wertewandel, sodaß sich zwangsläufig auch die Frage nach Aufgaben und Bedeutung der Familie als Grundlage unseres Gesellschaftssystems ergibt.

Meiner Überzeugung nach ist die Familie nach wie vor eine tragende Säule unserer Gesellschaft. Sie ist die kleinste Zelle im Stufenbau der menschlichen Gemeinschaft, die heute wie in Zukunft wesentliche Funktionen wahrnimmt beziehungsweise wahrnehmen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Dies beweist auch das Ergebnis einer Umfrage des Instituts für Demoskopie der Akademie der Wissenschaften, wonach 82 Prozent der Österreicher die Institution Familie für unverzichtbar und nur 13 Prozent für überholt halten. In Österreich leben zurzeit etwa 100 000 Familien an oder unter der Armutsgrenze, darunter 250 000 Kinder. Deshalb ist es mir ein besonderes Anliegen, durch gezielte familienpolitische Maßnahmen für ein bedarfgerechtes Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen – wie etwa Tagesmütter – verstärkt zu sorgen sowie den Ausbau der qualifizierten Teilzeitarbeit, das Angebot von flexiblen Arbeitszeiten, Wiedereinstiegshilfen für Frauen in den Beruf et cetera zu verbessern, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Förderung dieser Maßnahmen hat der Bund im Budget 1996 600 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt. Ebenso werden die Bundesländer entsprechende Beträge zur Verwirklichung dieser Vorhaben einsetzen. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Die steuerliche Situation bei Mehrkinderfamilien von Alleinverdienenden ist unbefriedigend. Mehrkinderfamilien sind steuerlich nicht so belastbar wie alleinstehende Erwachsene oder Familien ohne Kinder. Die Einführung eines Existenzminimums für Kinder wie das eines Erwachsenen würde wesentlich zur gerechteren steuerlichen Behandlung von Familien führen und sollte mittelfristig eines unserer familienpolitischen Ziele sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Trotz der vielen familienpolitischen Maßnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden – so ist Österreich zum Beispiel bei den direkten Transferleistungen an der Spitze Europas, und zwar mit 14,2 Prozent des durchschnittlichen Bruttoverdienstes eines Industriearbeiters – liegt Österreich zurzeit an viertletzter Stelle in der Geburtenstatistik der Welt. Wir sind zurzeit nicht in der Lage, uns aus eigenen Familien sozusagen zu reproduzieren, sodaß wir auf Zuwanderungen angewiesen sind. Dies zu ändern bedarf großer Anstrengungen, vor allem aber der Erhöhung der Bedeutung und des Ansehens der kinderreichen Familien in unserer Gesellschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

Die öffentliche Hand allein wird aber eine familien- und kinderfreundliche Gesellschaft nicht gewährleisten können. Hiezu ist sowohl die tatkräftige Mitwirkung der Gemeinschaft als auch die des einzelnen notwendig. Gerade im Lichte sich ändernder wirtschaftspolitischer Voraussetzungen in unserem Staate scheint es umso wichtiger und notwendiger zu sein, sich um den Bestand und das gute Funktionieren dieser gesellschaftlich unersetzlichen Institution Familie besonders zu bemühen.

Einen wesentlichen Beitrag hiezu wird das vorliegende Strukturanpassungsgesetz leisten, denn es dient der Zukunftssicherung unserer Kinder und Jugend.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich rufe Sie auf, das einzubringen, wozu Sie als verantwortungsbewußtes Mitglied unserer Gesellschaft, vor allem aber dieses Hohen Hauses


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