Herr Abgeordneter Neugebauer! Wo sind Sie als Gewerkschafter in diesen letzten Monaten gewesen, als es darum gegangen wäre, die Rechte der jüngeren öffentlich Bediensteten, die durch diese Strukturanpassungen schwer belastet werden, gegenüber jenen zu verteidigen, die mit 50, 55 oder 60 Jahren eine relativ gute Position erreicht haben, eigentlich nur noch die Tage bis zur Pension zählen und sich das irgendwie möglichst günstig gestalten? – Ich habe nichts gehört.
Das sind die Punkte, denen Sie sich zu stellen haben in der Debatte um den öffentlichen Dienst. Das sind die Punkte, wo Reformen notwendig wären. (Beifall bei den Grünen.)
Es gibt nicht nur ältere Hofräte, die auf die Pension warten und eine möglichst günstige Pensionsgestaltung erreichen wollen – das sage ich jetzt polemisch überspitzt; ich weiß es schon –, sondern es gibt auch jüngere Beamte und vor allem Vertragsbedienstete, Herr Kollege Neugebauer, deren Rechte Sie eigentlich auch zu vertreten hätten und um deren Zukunft – das ist an Sie gerichtet, Herr Staatssekretär – es auch bei dieser Debatte geht.
Was die Aktivbezüge angeht: Die Maßnahmen, die Sie im Bereich der Aktivbezüge setzen und jetzt beschließen, betreffen wesentlich mehr die jüngeren Beamten. Alle Einschränkungen, nicht nur die Gehaltsvorstellungen mit den zweimaligen Anpassungen für 1996 und 1997, sondern auch die Einschränkung bei den Jubiläumsgeldern und so weiter betreffen jüngere und aktive Vertragsbedienstete beziehungsweise Beamte wesentlich mehr als ältere beziehungsweise in Pension befindliche Beamte.
Ein zusätzliches Problem ist, daß Sie im Bereich öffentlicher Dienst durch die Maßnahmen, die Sie gesetzt haben, auch Mehrfachbelastungen erzeugen, die tatsächlich zu unzumutbaren Belastungen führen. Über all das kann man diskutieren. Natürlich muß ganz offen darüber diskutiert werden, ob man, wenn es sich der Staat nicht mehr leisten kann und will, bei den Gehaltszuwächsen nicht reduzieren soll, ob man nicht das macht, was Sie tatsächlich gemacht haben, nämlich einen einmaligen Gehaltszuschlag, der nicht angerechnet wird, und so weiter.
Natürlich kann man darüber diskutieren, aber dem muß auch etwas gegenüberstehen: entweder Arbeitsplätze oder eine Zukunft – nicht unbedingt die gesicherte, pragmatisierte Zukunft, aber eine Zukunft, die es wert ist, gelebt zu werden – auch im öffentlichen Dienst.
Wenn ich mir anschaue, was es an Mehrfachbelastungen für bestimmte Gruppen gibt, dann muß ich sagen, Sie werden wahrscheinlich teilweise einen völlig kontraproduktiven Effekt mit diesen Belastungen erzeugen.
Nehmen wir das Beispiel Lehrer oder das Beispiel Universität. Es gibt nicht nur die Belastungen durch das allgemeine Beamtensparpaket, wobei der Begriff "sparen" eigentlich im Zusammenhang mit dem, was wir hier an Belastungen beschließen, nicht nur deswegen, weil es Belastungen sind, falsch ist, sondern weil das Sparen eigentlich nicht das ist, was Sie damit erreichen. Es werden tatsächlich dadurch auch Mehrausgaben verursacht, aber an anderer Stelle.
Nehmen wir noch einmal den Bereich Mehrfachbelastung. Es gibt Gruppen, die mehrfach belastet werden durch die Kürzungen beim allgemeinen Beamtensparpaket, dann gibt es ein eigenes Schul- oder Lehrersparpaket, dann gibt es ein eigenes Universitätssparpaket, und dann gibt es, wenn man das Pech hat, beispielsweise auch im öffentlichen Dienst eine Frau zu sein oder Familie zu haben, auch noch die Belastung, der man dadurch ausgesetzt ist, daß man nicht nur Beamter oder Vertragsbediensteter und an einer Schule beschäftigt ist, der man sozusagen als Lehrer und als Elternteil ausgesetzt ist, sondern auch ausgesetzt ist durch die Einschränkungen für Frauen beziehungsweise für Familien.
Es kann also eine einzelne Person vor allem im öffentlichen Dienst nicht nur ein- oder zweimal, sondern drei-, vier- oder sogar fünfmal mit den Belastungen, die Sie hier beschließen, erwischen. Das ist ein kumulativer Effekt, der für bestimmte Personen und Gruppen, die sich in dieser Situation befinden, natürlich unzumutbar ist und zu Widerständen führt.