Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 270

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noch vor dem Strafrichter und bekommt zu allem Überfluß die übliche Taxe – das ist in Wien drei bis vier Monate bedingt! Und ich frage mich, wofür!

Wenn heute einem sein kleines Unternehmen eingegangen ist und er kein Betrüger ist, sondern Pech gehabt hat, dann ist er gestraft genug mit dem Verlust seines gesamten Vermögens, seines Unternehmens. Wenn er ein Haus gehabt hat, ist es weg, und alles andere ist auch weg. Er weiß meistens nicht – er ist ja kein großer Unternehmer; dem passiert in aller Regel eh nichts –, wie er weiterkommen soll. Und dann geht auch die Justiz noch her, wickelt ein großartiges Verfahren ab und bestellt einen Buchsachverständigen. Diese sind in der Regel sehr teuer, das sind dann auch 40 000 S bis 50 000 S, die dann am Schluß auch nicht einbringlich sind bei dem, der schon bis auf die Unterhosen gepfändet ist. Und das ist nicht ein Verfahren! Wenn man ins Graue Haus geht, kann man in jedem zweiten Saal solche Prozesse finden. Da könnte der Staat wirklich sparen! Dazu wäre aber eine Gesetzesnovelle notwendig, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube auch, daß man nicht nur "Täter" – unter Anführungszeichen –, bei denen solche Reaktionen gar nicht notwendig sind – nicht nur im Bereich der fahrlässigen Krida –, die man kostenaufwendig für nix und wieder nix verfolgt, sondern umgekehrt wirklich gefährliche, auch rückfallsgefährliche, an die Berufskriminalität grenzende oder in ihrem Rahmen tätige Verbrecher nicht entsprechend verfolgt. Jenen, bei denen wirklich Hopfen und Malz verloren ist, bei denen man sich aufgrund ihres "Speiszettels" ausrechnen kann, daß es nach der Verbüßung der einen Strafe nicht lange dauern wird, bis sie wieder straffällig werden und zur nächsten Strafe heranstehen, steht man von seiten der Justiz mit blauäugiger Hilflosigkeit gegenüber. Da glaubt man, sich in einer falsch verstandenen Humanität üben zu müssen. Und auch das ist teuer! Denn am allerteuersten ist der Rückfall bei diesen Dingen.

Man besitzt nicht den Mut, diesen Tätern entsprechend zu begegnen und sie für angemessene Zeit aus dem Verkehr zu ziehen. Man besitzt aber auch bei denen, die schon in Schwierigkeiten sind, bei denen aber noch nicht Hopfen und Malz verloren ist, nicht den Mut und nicht die Kraft, entsprechend in die finanziellen Laden hineinzugreifen und sich zu bemühen, sie nach ihrer Haftentlassung über die Runden zu bringen. Denn auch das gehört dazu!

Gescheiterten, die ihre Strafen verbüßt haben, bei denen noch nicht Hopfen und Malz verloren ist, muß man helfen, auf dem richtigen Weg bleiben zu können. Man muß sich bemühen, ihnen ein Dach über dem Kopf zu verschaffen. Man muß ihnen helfen, einen Arbeitsplatz zu finden. Man muß ihnen bei der Umschuldung helfen. Das heißt nicht, daß man ihnen die Schulden zahlen muß – das geht eh nicht –, aber man muß ihnen helfen, die Schulden geordnet abdecken zu können.

Ich glaube – und ich weiß, wovon ich spreche, weil ich ja doch über eine jahrzehntelange Berufserfahrung verfüge –, daß wir mit den Instrumenten, die wir in der Strafjustiz anwenden, die in ihrer Hauptsubstanz aus der ersten Hälfte, aus dem Beginn des vergangenen Jahrhunderts stammen, der Kriminalität heute nicht mehr richtig begegnen können. Die einen werden zu hart und zu kostenaufwendig drangenommen, den anderen hilft man nicht, auf den rechten Weg zu kommen, und die wirklich Kriminellen werden zu wenig "eingetegelt"! Und alles kostet ein Heidengeld!

Das sind Wege, auf denen man mutig neue Richtungen einschlagen müßte, neue Richtungen, die zu weniger Verfahren, zu weniger Belastung der Gerichte, zu kürzerer Dauer der Prozesse und zu weniger Häftlingen führen würden, alles in allem: zum Verbrauch von weniger Steuermitteln, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube auch, daß man dazu finden müßte, ungenierter und in der Größenordnung weiter hinaufgehend als bisher die Geldstrafe anstelle von Freiheitsstrafen zur Anwendung zu bringen. Ich weiß, daß das auf Vorbehalte aus einer ganz bestimmten Gruppierung – auch hier im Hause – stößt, weil man sagt, das begünstigt den, der Geld hat, weil er nicht sitzen muß, sondern das dann zahlt, und der arme Teufel muß ins Häfen. – Dem läßt sich gegensteuern durch die Bemessung der Freiheitsstrafe, der Ersatzfreiheitsstrafe und durch die Bemessung der Geld


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