Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 272

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Ein Bereich, für den das zweifellos zutrifft, ist die Diversion im Strafrecht, im Strafprozeß. Der außergerichtliche Tatausgleich bei Jugendlichen hat sich außerordentlich bewährt, und auch die Pilotprojekte im Erwachsenenbereich waren sehr erfolgreich. Der Tatausgleich hat nicht nur den Vorteil, daß Menschen, die nicht zu schwere Delikte begangen haben, die nicht im Interesse der Gesellschaft in Verwahrung genommen werden müssen, die Chance auf eine Wiedergutmachung erhalten und daß sie nicht aus der Bahn geworfen werden. Der außergerichtliche Tatausgleich bringt auch für die Opfer Vorteile. Wir werden immer wieder dazu aufgefordert, an die Opfer zu denken und nicht so sehr an den Tatverdächtigen oder den Täter. Ich denke sehr wohl, daß wir das weitere Schicksal des Täters, auch aus gesellschaftspolitischen Gründen, im Auge behalten müssen.

Was uns aber auch sehr wichtig ist, ist, dem Opfer Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Wir tun das gerade beim außergerichtlichen Tatausgleich. Hier geht es um die Wiedergutmachung. In den meisten Fällen ist es für das Opfer befriedigender, eine Wiedergutmachung zu erleben, mit einem Täter konfrontiert zu sein, der geständig ist, der reumütig ist, der versucht, seine Tat wiedergutzumachen, sich entschuldigt und sich damit auseinandersetzt. Ich glaube, daß das auch für das Opfer wichtiger ist, als wenn jemand, der bisher unbescholten war, vielleicht mit all den Folgen, die das dann hat, im Gefängnis verschwindet. Ich denke, daß das für die Gesellschaft der billigere, der humanere und auch der zweckmäßigere Weg ist. (Beifall bei der SPÖ. )

Die Diversion ist daher ein ganz wichtiges Mittel der Strafrechtspolitik, und wir müssen in dieser Gesetzgebungsperiode unbedingt weitere Schritte setzen. Damit könnten auch liegengebliebene Vorhaben, wie Ladendiebstahl, fahrlässige Körperverletzung und auch fahrlässige Krida, in Angriff genommen werden. Hier könnte es zu einer Entkriminalisierung kommen.

Zugleich ist es aber auch notwendig, effiziente Maßnahmen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität zu setzen. Ich hoffe, daß zum Beispiel bei dem demnächst in Wien stattfindenden Kongreß über den Menschenhandel brauchbare Ergebnisse erzielt werden. Wien ist ein Punkt auf der Landkarte, auf dem das Problem des Menschenhandels immer wieder stark in Erscheinung tritt. Wir sind ein Land, in dem Menschen – vor allem Frauen, aber unter Umständen auch Jugendliche, Kinder – aus dem Osten mißbraucht werden, gefangengehalten werden, unter unmenschlichen Bedingungen zur Prostitution gezwungen werden. Das gilt immer mehr für ganz Westeuropa, aber Österreich ist aufgrund der Nähe zu den ärmeren osteuropäischen Staaten eine Drehscheibe, das muß man leider sagen.

Es besteht im Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität bei den Experten die Übereinstimmung, daß es sehr wichtig ist, auf die Finanzmittel der kriminellen Organisationen zu greifen. Wir haben in der vorletzten Gesetzgebungsperiode eine Diskussion über die Abschöpfung von Verbrechensgewinnen geführt. Ich meine, daß wir in dieser Richtung weiterdenken müssen und auch im Bereich der Geldwäscherei ansetzen müssen. Ich möchte dabei anmerken, daß Österreich im Strafrecht, was die Geldwäscherei betrifft, eine weitergehende Regelung hat als manche andere EU-Staaten, denn in manchen Staaten beziehen sich diese Paragraphen nur auf den Drogenhandel, also nicht auf die Gewinne aus allen Formen der Kriminalität.

Bei der Diskussion zeigte sich immer wieder – wir haben jetzt im Europäischen Parlament eine ausführliche Debatte darüber –, daß es nicht nur gilt, den Bankensektor im Auge zu bewahren, sondern darüber hinaus auch weitere Maßnahmen zu setzen. In sehr hohem Maße läuft die Geldwäscherei über Immobiliengeschäfte, Unternehmensbeteiligungen, Glücksspiel, das Erwerben von teurem Schmuck und vor allem auch über das Gastgewerbe. Wir müssen uns diesen neuen Anforderungen stellen. Die Verbrecherorganisationen und ihre Rechtsexperten sind sehr phantasievoll, was neue Wege der Geldwäscherei betrifft, und wir müssen, wenn es erforderlich ist, auch weitere rechtliche Möglichkeiten schaffen.

Ich möchte aber in diesem Zusammenhang betonen, daß für uns immer die Grundsätze des Rechtsstaates und der Menschenrechtskonvention verbindlich sind. Der Staat kann nicht zu denselben Mitteln greifen wie der Verbrecher, weil er sich sonst als demokratischer und humaner Rechtsstaat in Frage stellt. Das bedeutet nicht ein Zurückweichen vor dem Verbre


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