Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 277

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Genau so ist es, denn es wird ja nicht unterschieden, und ich halte es wirklich für das unintelligenteste und unfairste Argument, das ständig kommt, wenn man sagt: Ein Anständiger hat doch nichts zu verbergen! Wer regt sich denn da auf? Was haben denn die Frau Schmidt und die Frau Petrovic zu verbergen in ihren Schlafzimmern?, wie das Herr Leitgeb, der also wirklich der Tiefpunkt der journalistischen Kultur ist – wenn ich in diesem Zusammenhang das Wort überhaupt in den Mund nehme –, verbreitet hat. Was haben denn diese Leute überhaupt zu verbergen? Und wer steigt aller ein auf diese inferiore Argumentation? Es ist ja wirklich ein Anschlag, eine Beleidigung für jeden Gesprächspartner, zu sagen: Wozu haben wir denn ein geheimes Wahlrecht? – Hat doch keiner etwas zu verbergen! Wozu haben wir denn ein Briefgeheimnis? – Hat doch keiner etwas zu verbergen! Wozu haben wir denn alle diese Grundrechte erkämpft und sind stolz darauf, daß sie Symptome für einen Rechtsstaat sind, wenn wir jetzt mit dieser wirklich unintelligenten, unfairen, unsinnigen Argumentation kommen: Der Einfache, der Anständige hat doch eh nichts zu verbergen, es geht ja nur gegen die bösen Verbrecher!? – Solch ein Unsinn! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Und das alles tragen Sie, Herr Justizminister, mit und legitimieren es auch noch, indem Sie sagen: Wir haben diesen Gesetzentwurf jetzt entschärft, er wird ja nur über richterliche Genehmigung – als wäre das das Maß aller Dinge! – eingesetzt werden.

Und noch etwas – jetzt frage ich mich wirklich, habe ich es vielleicht übersehen; das schließe ich nicht aus –: Wie reagieren Sie denn auf die Vorstellungen des Klubobmannes der SPÖ, der jetzt, nämlich am 15. April, wieder großartige Überlegungen zum Lauschangriff angestellt hat, nachdem aus dieser Partei in erster Linie gekommen war: Wir machen eh alles mit richterlicher Genehmigung!? – Und das ist dann die Rechtfertigung für alles? – Jetzt aber sagte Kostelka zum Lauschangriff, daß die Genehmigung solcher Untersuchungen dem Justizminister vorgelegt werden könnte. – Was heißt das jetzt? Daß der Justizminister die Richter kontrollieren soll?

Das steht bitte in der "SK"! Wenn das wenigstens irgendwo in einer Zeitung gestanden wäre, hätte ich mir gesagt: Okay, vielleicht hat es ein Journalist mißverstanden, vielleicht hat er sich schlecht ausgedrückt. Aber das wird in der "SK" verbreitet. Also ich gehe davon aus, daß Sie jedenfalls wissen, was Sie damit meinen. Und genauso steht es drinnen.

Ja bitte, was gibt es denn hier für Reaktionen? Heißt das jetzt wirklich, daß wir künftig den Justizminister die Richter kontrollieren lassen? Heißt das wirklich, daß wir derartige Grundrechtseingriffe von einem Politiker absegnen lassen? – Wie weit wollen Sie denn diesen Rechtsstaat noch aushöhlen? (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Und das Kuriosum schlechthin ist – also jetzt sind wir schon bei der Beschränkung, bei Sparmaßnahmen, jetzt werden wir dann auch bei den Lauschangriffen und Rasterfahndungen offenbar Sparmaßnahmen einziehen –, daß Herr Kostelka sagte – schade, daß er nicht da ist ... (Abg. Grabner: Da ist er!) Wo ist er denn? (Abg. Dr. Kostelka hebt, hinter den Bankreihen stehend, die Hand.) Ich zitiere Sie. (Zwischenbemerkung des Bundesministers Dr. Michalek. ) Da steht nicht "SN", sondern "SK", Herr Bundesminister. "SK" heißt "Sozialdemokratische Korrespondenz", nehme ich an. – Also, das habt ihr selber geschrieben.

Kostelka sagte: "Auch sollte die Bewilligungspraxis so gestaltet werden, daß maximal fünf bis zehn solcher Lauschangriffbewilligungen im Jahr vergeben werden." – Also bitte, seien Sie mir nicht böse: Ist das wirklich Ihr Grundsatzdenken, daß Sie jetzt davon reden, mehr als fünf, sechs oder sieben im Jahr dürfen es nicht werden – völlig egal, ob es tatsächlich einen Anlaßfall gibt oder nicht, kommen Sie auf einmal mit dieser Ziffer daher? Das ist ja Unfug zur Potenz! Es darf doch nicht wahr sein, daß das die Überlegungen sind, die in Regierungsfraktionen im Zusammenhang mit einem Grundrechtseingriff angestellt werden – von Ihnen, Herr Bundesminister, unwidersprochen, und das ist das Entsetzliche dabei! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich frage mich – um bei dieser Gelegenheit noch einmal darauf einzugehen –, wogegen diese beiden Instrumentarien verstoßen? Ob es nun die Unschuldsvermutung, der Vertrauensschutz oder der Schutz der Privatsphäre ist – all diese Dinge werden massiv davon beeinträchtigt.


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