Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 303

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

nach bis heute in weiten Feldern große Unterschiede beim Aufteilen der Rechte und Pflichten zwischen den Ehegatten. Laut Statistischem Zentralamt arbeiten die Frauen im Durchschnitt täglich knapp eine Stunde mehr, wohlgemerkt bei Berufstätigkeit beider Ehegatten. Eine Stunde täglich, das sind mehr als acht Arbeitswochen im Jahr, also weit mehr als der volle Jahresurlaubsanspruch, wenn man das ganze Jahr berufstätig ist.

Deshalb, sehr geehrte Damen und Herren, ist es dringend notwendig, daß das Ehe- und Scheidungsfolgenrecht in dieser Legislaturperiode geändert wird. Im Koalitionsübereinkommen ist genau diese Weiterentwicklung des Ehe- und Familienrechts vorgesehen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Das geltende Recht sieht nur in sehr allgemeiner Form vor, daß die Partner die Aufteilung von Rechten und Pflichten hinsichtlich Erwerbsarbeit, Kindererziehung und Hausarbeit einvernehmlich gestalten sollen. Wie die Praxis gezeigt hat, ist dies eine unvollkommene Richtschnur, die keine Norm für den Fall vorsieht, daß kein Einvernehmen herzustellen ist. Notwendig wären Orientierungsrichtlinien, zum Beispiel darüber, wie das Einkommen oder die Haushaltsarbeit aufzuteilen ist.

Die Klagbarkeit bestimmter Orientierungsmaßstäbe steht nicht im Vordergrund – dies ist zum Beispiel auch bei gewaltlosen Erziehungsmaßstäben nicht einfach –, sondern würde bei Scheidung eine Rolle spielen, zum Beispiel bei der "Eheverfehlung", und außerdem für Rechtsberatungen, eventuell mit gerichtlicher Vorladung, die Grundlage schaffen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ein weiterer Schwerpunkt im Justizbereich, der nach Ansicht der sozialdemokratischen Fraktion schnellstens umgesetzt werden soll, ist der bessere Schutz gegen Gewalt in der Familie, sowohl in aufrechter Ehe als auch bei Lebensgemeinschaften. (Beifall bei der SPÖ.) Dasselbe gilt für besseren Schutz vor Gewalt im häuslichen Bereich, die sich gegen Kinder richtet.

Im Mittelpunkt der behördlichen Intervention muß die Sicherheit der Frauen und Kinder stehen. Im Akutfall sollte der Gewalttäter und nicht die mißhandelte Frau die Wohnung verlassen müssen. Um dies erreichen zu können, braucht es konkrete Gesetzesänderungen zur Verbesserung des Instruments "einstweilige Verfügung" und des Sicherheitspolizeigesetzes.

Verbesserungsvorschläge wären:

Harmonisierung der Bestimmung in der Exekutionsordnung ("unerträglich") mit der Bestimmung im ABGB ("unzumutbar"). Bisher genügt es für die Verhängung einer "einstweiligen Verfügung" nicht, wenn das weitere Zusammenleben nur "unzumutbar" ist.

Weiters: Ausweitung des Geltungsbereichs auf Lebensgefährten und andere Mitbewohner im gemeinsamen Haushalt.

Wichtig ist auch noch die Entkoppelung der "einstweiligen Verfügung" mit dem Antrag auf Scheidung, der bis jetzt zwingend innerhalb von drei Monaten eingebracht werden muß.

Erst durch Änderungen bei der "einstweiligen Verfügung" und des Sicherheitspolizeigesetzes wird es möglich sein, eine weitere Maßnahme, die im Koalitionsabkommen zum Schutz gegen Gewalt im Familienkreis verankert ist, zu verwirklichen. Dafür sind Modellprojekte geplant, die die Zusammenarbeit zwischen Justiz, Exekutive und Hilfseinrichtungen wie Frauenberatungen, psychologische Beratungsstellen, Notrufeinrichtungen und so weiter verstärken. Diese Interventionsstellen sollen den betroffenen Familienmitgliedern darüber hinaus in gerichtlichen Verfahren beratend zur Seite stehen und ihnen helfen, ihre Interessen wirksam zu vertreten. Schließlich sollen die Interventionsstellen mit den Tätern ein Antigewalttraining betreiben. Vorgesehen für diese Modellversuche sind zwei Städte in Österreich, wobei es für mich als Tiroler Abgeordnete natürlich schön wäre, wenn eine Stadt davon Innsbruck wäre.

Hohes Haus! Obwohl der Bereich Justiz im Gegensatz zu anderen Bereichen nicht in einem solchen Ausmaß von Einsparungsmaßnahmen betroffen ist, fiel mir bei Durchsicht des Budgetvor


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite