Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 333

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

legitim, an Sie, Herr Bundesminister, und auch an Ihre Kollegen von den Regierungsfraktionen die Frage zu richten, was Sie sich eigentlich dabei gedacht haben.

Dafür kann man mehrere Gründe vermuten, da kann man eigentlich nur Spekulationen anstellen. Die erste Vermutung, die erste Spekulation sozusagen lautet: Diejenigen, die diesen Gesetzentwurf "verbrochen" haben – unter Anführungszeichen – haben sich dabei nichts gedacht. Das wäre an und für sich schlimm genug, weil es im Gesetzwerdungsprozeß eine Reihe von bezahlten Leuten – Beamte, Berater und so weiter – gibt, und wenn sich diese nichts dabei denken, ist es sehr problematisch, einfach ohne Hintergrund ein Gesetz zu produzieren!

Die zweite Spekulation ist: Sie haben sich schon etwas gedacht, aber Sie haben Ihr Augenmerk primär darauf gerichtet, halt irgendeine weitere Art der Einnahmenbeschaffung gesetzlich zu statuieren, und das ist es auch schon. – Ich glaube aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt noch eine ganze Reihe von Hintergrundmotiven, die zu diesem berühmten § 4 Abs. 5a geführt haben.

Herr Bundesminister! Ich möchte es gleich auf den Punkt bringen: Was da betrieben wird, ist eine Art des modernen Wegelagerertums, eine modere Art des Raubrittertums, wo man halt jetzt den Bürger zusätzlich zu vielen anderen Belastungen noch einmal kräftig auf die Tasche klopft.

Meine Damen und Herren! Man muß sich das vor Augen führen: Da wird jede Menge an Rechtsunsicherheit erzeugt; das behaupte ich einmal. Warum? – Wenn man diese Bestimmung im einzelnen analysiert, das, was daraus resultiert, welche Form in Zukunft bei Verkehrsunfällen, welche Form der Auseinandersetzung vor Gericht, außer Gericht, nachgerichtlich zustande kommen wird, so kann man nur sagen: Es sind zwar nur 60 Millionen oder netto, wenn ich die Verwaltungskosten, die daraus resultieren, abziehe, vielleicht 30 oder 35 Millionen, aber da gibt es so etwas wie eine Art Umwegrentabilität, eine Umwegrentabilität in der Form, daß da die Gerichte mehr beschäftigt werden, daß da die Rechtsanwälte in größerem Ausmaß als bisher zu tun haben, denn wenn es keine Protokolle gibt, wird halt mehr gestritten. Herr Kollege Ofner, das wird man mir bestätigen! (Abg. Dr. Ofner: Gott sei Dank! Einverstanden!) Daraus resultieren wieder Mehreinnahmen für die Staatskasse, weil es natürlich Gebühren gibt, Gerichtsgebühren, Einbringungsgebühren und dergleichen mehr. Also da vermute ich einmal eine Umwegrentabilität, deren Dimension ich zwar nicht abschätzen kann, aber die dem Grunde und dem Charakter nach verwerflich ist, denn sie ist unnötig, meine Damen und Herren.

Aber gehen wir vielleicht noch einen Schritt weiter: Zusätzlich zu dem Nichts-denken-Dabei oder An-die-Einnahmen-Denken oder vielleicht an die Umwegrentabilität und derlei Dinge muß ich zur Überzeugung gelangen, daß dieses Gesetz, das einen Anschlag auf den Bürger darstellt, auch nichts anderes ist als ein Ausdruck dessen, was die Regierungsparteien darunter verstehen, wie sie mit ihrer Macht umgehen, und dieses Umgehen mit der Macht ist gekennzeichnet durch unglaubliche Präpotenz und Arroganz, nach dem Motto: Wir haben hier in diesem Hause die Mehrheit, wir informieren den Bürger nicht, wir fahren einfach drüber! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich möchte gar nicht sosehr auf die Einzelheiten dieser Gesetzesmaterie eingehen, aber einige Spekulationen lassen Sie mich, Herr Klubobmann, bitte noch anstellen. (Abg. Dr. Khol: Da hättet ihr ja im Ausschuß sein müssen!) Herr Kollege Khol! Diese Materie wurde in keinem regulären Ausschuß behandelt. (Abg. Dr. Khol: Doch!) Jedes vernünftige Parlament würde sich wünschen, daß eine Novellierung der Straßenverkehrsordnung dort behandelt wird, wohin sie gehört, nämlich in den Verkehrsausschuß. (Beifall beim Liberalen Forum.) Aber so wie bei vielen anderen Dingen hat man es halt in das Budgetbegleitgesetz hineingetan und fährt drüber. (Abg. Dr. Khol: Wir sind nicht drübergefahren!)

Herr Kollege Khol, das ist die Realität, und darüber kommen Sie nicht hinweg! (Abg. Dr. Khol: Sie waren nicht im Ausschuß!) Ich war nicht im Ausschuß und meine Kollegen auch nicht. Aber bitte gehen Sie aufgrund dessen nicht davon aus, daß wir deshalb nicht informiert wären, was dort geschehen ist. Wir sind sehr wohl darüber informiert, denn wir haben gute und verläßliche


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite