hintereinander im Hauptausschuß anläßlich der Festsetzung der Valorisierungsbeträge durchaus für ein degressives Erhöhungsmodell eingetreten sind, allerdings deshalb, weil wir zu dem Ergebnis gekommen sind, daß das Aufrechterhalten der Philosophie, unser Pensionsversicherungssystem im Sozialbereich sei ein wirkliches Versicherungssystem, nicht möglich sein wird, denn sonst könnten wir Menschen, die im Laufe ihres Lebens keine oder nur ganz wenige Versicherungsmonate zustandegebracht haben, überhaupt nichts zahlen. Wir bezahlen ihnen aber etwas, wenn auch aus Sicht des Liberalen Forums auf eine beschämend bürokratische Weise und außerdem nicht ausreichend.
Aber das ist ein Element einer anderen Gesamtreform, die ansteht, nämlich die Gesamtreform der Altersversorgung, die selbstverständlich auch die Komponente der Eigenverantwortung im vollen Ausmaß aufzugreifen hat, indem man fragt: Was hat die Gesellschaft zu garantieren? – Die Gesellschaft hat die gute Sicherung der Existenz und einen Beitrag dafür zu garantieren, daß jemand in diesem System viele Jahre gezahlt hat. Das gibt eine gewisse Bandbreite von Mindest- und Höchstpensionen im sozialen Bereich – aber bitte nicht Pensionen für Sektionschefs zu Lasten des Sozialkontrakts, nicht Pensionen zum Beispiel für Mitarbeiter der Oesterreichischen Nationalbank – zu Lasten des Sozialkontraktes. Es kann das dort organisiert werden, wie immer man es will – solange es nicht zu Lasten der Gemeinschaft geht. Es darf nicht zum Nachteil der eigenen Leistungsfähigkeit gehen, daß sich jemand etwas selbst organisiert, durchaus auch im betrieblichen Rahmen und nicht nur als Einzelkämpfer im Sinne eines Sozial-Darwinismus des 19. Jahrhunderts. Wir Liberale denken auch in solidarischen Größen, aber Solidarität heißt für uns nicht unbedingt Unterwerfen unter den Staat, sondern das heißt auch, solidarisch gemeinsam organisieren – ohne auf den Staat zu warten. (Beifall beim Liberalen Forum.)
Ich frage Sie, die Kolleginnen und Kollegen von der Gewerkschaft: Wie wäre denn eine Gewerkschaft entstanden, wenn nicht diese Philosophie mit dabei gewesen wäre, daß man eben nicht wartet, bis der Staat eine Arbeiterkammer einsetzt, sondern man sich selber als Gewerkschaft organisiert, so wie es die freien Unternehmerverbände gegeben hat? – Das ist ja genau der liberale Ansatz.
Es hat sich das zum Teil bewährt, wenn sich auch vielleicht heute insbesondere in den Formen und durch Verlust von Phantasie manches totgelaufen hat; aber das spricht ja nicht gegen das Prinzip. Das zeigt nur auf, daß vielleicht die Innovationskraft verlorengegangen ist. Und warum ist sie vielleicht weg? – Weil es kaum eine weniger demokratisch organisierte Veranstaltung in der inneren Struktur gibt wie den ÖGB, der nur von einer Ebene auf die nächste Ebene will.
Das muß man vielleicht einmal überdenken, aber ich bin nicht der Oberlehrer des ÖGB, wenngleich Mitglied; ich habe aber noch nie an einer Wahl teilgenommen – an Wahlen in den Betrieben, das schon, aber nicht in der Organisation. Aber dort zahle ich hin, und daher irritiert mich das alles ein bißchen.
Darüber sollte man einmal nachdenken, dann würde vielleicht mehr Innovation auftreten. Abschneiden nach unten, das löscht Innovationen aus. Das ist übrigens eines der Probleme der gesamten großen Koalition, die sich nur mehr auf jene Stäbe stützt, die sich seit 50 Jahren bewährt haben, aber: Sich seit 50 Jahren bewährt zu haben, ist zwar ein Verdienst, aber nicht unbedingt ein Hinweis auf hohe Innovationskraft, denn nach einer Zeit reproduzieren sich diese Apparate sozusagen selber, sie laufen sich tot.
Ein wichtiger Aspekt: Wie hält es das soziale Kapitel mit der Budgetwahrheit? Also die Zahlen, so hoffen wir, stimmen in dem Sinne, daß sie wirklich so definiert worden sind, wie man der Meinung war, daß sie zu definieren sind. Das meine ich nicht. Diese Primitivangriffe werden Sie von mir auch nicht erwartet haben, daß ich sage, das stimmt alles nicht. Ich habe Sorge, daß die Prognosen, die dem zugrunde liegen, nicht stimmen, und daß daher, wenn die Annahmen nicht stimmen, auch die Ergebnisse, die man ins Budget geschrieben hat, nicht stimmen. Aber das ist etwas anderes, das hat mit Budgetwahrheit im engeren Sinn nichts zu tun, das wäre sozusagen ein anderer Qualifikationsmangel, nämlich Fehleinschätzung; das meine ich aber jetzt nicht.