Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 381

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merchef Nettig zitiert: Er fordert nur noch ein Karenzjahr, keine Lohnfortzahlung bei Kurzkrankenständen – und einiges mehr. Wenn so etwas gesagt wird, dann wissen Sie hoffentlich, daß mit dem, was Sie hier auch im Parlament an Vorschlägen, an Perspektiven für die Sozialpolitik in diesem Land angeboten haben, Dämme gebrochen worden sind. Sie haben in verschiedenen Bereichen – eigentlich als das wesentlichste Moment sozialer Gesetzgebung – die soziale Mißbrauchsverhinderung in den Raum gestellt.

Sie, Herr Minister, müssen sich in diesem Zusammenhang den Vorwurf gefallen lassen, wenn sich dann ein Bezirksvorsteher aus dem 4. Bezirk, wie der Herr Lengheimer, großartig in den Medien rühmt, daß er derjenige ist, der ein Projekt für Langzeitarbeitslose entwickelt hat, das beispielgebend für Österreich sein kann – das ist so ungefähr seine Diktion –, das so aussieht, daß er Langzeitarbeitslose dazu einsetzt, Hundekot aufzusammeln, daß Sie es waren, der mit der Debatte um die Pflichtarbeit für Langzeitarbeitslose Herrn Lengheimer und andere erst auf diese Ideen gebracht haben.

Meine Damen und Herren! Das ist das Problem, das ich mit Ihrer Gesetzgebung habe. Es geht nicht nur darum, daß sie vom Volumen her jede Dimension sprengt, sondern auch darum, daß sie in einigen Inhalten und in wichtigen sozialpolitischen Inhalten die Dimensionen sprengt und die Grenzen überschreitet.

Es ist ein Paradigmenwechsel in diesem Land im Gang. Es geht nicht mehr um sozialpolitische Gestaltung. Es geht nur noch darum, das Vorhandene irgendwie zu verwalten und durch Sozialmißbrauchsverhinderungsgesetzgebung – schon das Wort ist ein Monstrum – zu erreichen, daß das Bestehende, wenn es schon nicht erhalten werden kann, denn das kann es ja dadurch nicht, nicht so gravierend abgebaut wird. Das ist die Legitimation für diese Sozialmißbrauchsverhinderungsgesetzgebung.

Am deutlichsten haben Sie das, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, bei der Frage des Karenzurlaubes vorexerziert. Den Karenzurlaub, den Sie noch vor wenigen Jahren – und das sind nicht viele Jahre – auf zwei Jahre erhöht haben, haben Sie in dem Moment, wo Sie ihn auf zwei Jahre erhöht haben, eigentlich schon wieder abzubauen begonnen, und zwar nicht bei der Begrenzung auf zwei Jahre, sondern in einzelnen Maßnahmen. Es ist dabei zunächst auch nur darum gegangen, den Mißbrauch zu verhindern, die übermäßige Beanspruchung des Karenzurlaubes. Das waren die ersten Maßnahmen.

Die zweiten Maßnahmen haben Sie mit dem Sparpaket 1 gesetzt, Maßnahmen, die erst in diesen Tagen zu greifen beginnen. Die ersten Korrekturen dieser schlechten Gesetzgebung haben wir bereits in diesem Strukturanpassungsgesetz drinnen.

Und jetzt haben Sie mit dem neuen Strukturanpassungsgesetz neuerlich einen Schritt in Richtung Rücknahme von Gesetzen gesetzt, die Sie erst vor wenigen Jahren den Österreicherinnen und Österreichern als großen sozialpolitischen Fortschritt verkauft haben. Sie haben offensichtlich schon damals, vor wenigen Jahren, vor drei, vier Jahren, nicht gewußt, was Sie tun, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien. Diesen Vorwurf kann man Ihnen auch jetzt nicht ersparen.

Man muß sich einmal das Strukturanpassungsgesetz ansehen. Die Qualität dieses Gesetzes wurde gleich klar durch das, was beispielsweise die Kollegin Reitsamer an den Beginn ihrer Rede gestellt hat, nämlich einen Abänderungsantrag, einen Abänderungsantrag, dessen Inhalt es ist, das, was im Ausschuß von Ihnen beschlossen wurde, gleich wieder zu korrigieren, weil es unfaßbare Verschlechterungen enthalten hätte.

Meine Damen und Herren! Das ist die Konsequenz Ihrer Art von Gesetzgebung, die Sie derzeit betreiben, daß Sie Sachen beschließen, von denen Sie nicht wissen, was sie bedeuten. Das ist der Vorwurf, den man Ihnen nicht ersparen kann, und dieser Vorwurf ist berechtigt. Sie beschließen in den Ausschüssen mit ziemlicher Sturheit Sachen, von denen Sie dann im Plenum des Nationalrates sagen müssen: Das war ein Irrtum. Wenn wir das gemacht oder beschlossen hätten, dann wäre Furchtbares passiert.


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