Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 439

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Ich finde, es ist unbarmherzig, es ist ausgesprochen unbarmherzig, einem Menschen, der sich in einem Heim befindet, weil er behindert ist, nur 500 S Taschengeld zu lassen. Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, wird immer wieder gesagt – ich bin überzeugt davon, daß da Herr Feurstein der "Apostel" der Aufklärung war –: Na ja, das sind ja Behinderte, die ohnehin eine Pension haben. – Ich habe Ihnen schon einmal hier gesagt, das stimmt ganz einfach nicht, denn der große Bereich der von Kindheit an, von Geburt an Behinderten, fällt auch darunter. Diese Leute haben keine Pension, und wenn sie arme Eltern haben, dann haben sie überhaupt nichts außer diesen 500 S. Mir hat die Frau Wonda – alle Leute, die mit Behinderten zu tun haben kennen sie, – vom Verein Balance gesagt, sie fährt mit Spendengeldern, mit allen möglichen Unterstützungen, mit Behinderten – nicht mit allen, sondern mit ein paar – 14 Tage auf Urlaub. Unter diesen Behinderten gibt es welche, die haben 50 S Taschengeld mit, meine sehr geehrten Damen und Herren – das muß man sich vorstellen! –, weil sie kein Geld haben, weil sie keine Eltern haben, die sie unterstützen. Sie können das alles nachfragen. Die Lage bei vielen Behinderten ist katastrophal, und Sie verschärfen damit diese Lage noch. Damit können wir nicht einverstanden sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mir schon vorstellen, die Politiker sehen häufig alte Leute, die im Spital sind, die Pflegefälle sind, und diese bekommen auch das Pflegegeld. Und da geistert dann die Vorstellung herum, daß die Anverwandten kommen, ins Nachtkastl greifen und sagen: Du Oma, du hast so viel Geld, ich nehme mir alles mit. – Das mag vorkommen bei alten Leuten, die nicht mehr in der Lage sind, ihre Lebensverhältnisse selbst zu planen, aber jene Leuten, von denen ich rede, die Sie ebenfalls in Ihre Maßnahmen einbeziehen, sind junge Menschen, das sind schwerstbehinderte Rollstuhlfahrer, die aber auch Bedürfnisse haben, die wir doch nicht von allem und von jedem ausschließen können.

Herr Sozialminister Hums legt immer Wert darauf, daß das Pflegegeld nur für Pflegemaßnahmen gedacht ist und man Pflegegeld nur für die Pflegemaßnahmen bekommt, und die Pflege hat man ohnehin im Heim. Aber unter Pflegemaßnahmen verstehe ich auch, daß der Behinderte vielleicht einmal in seinem Rollstuhl zu einem Spaziergang ausgeführt wird. (Abg. Mag. Ederer spricht mit Bundesminister Hums .)

Frau Abgeordnete Ederer! Wissen Sie, wenn ich schon über Behinderte rede, dann würde ich Ihnen den Rat geben, setzen Sie sich hin und hören Sie sich das an, denn das, was Sie über die Einschränkungen des Pflegegeldes gesagt haben, war so skandalös wie nur etwas. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Leikam: Seien Sie froh, daß Ihnen überhaupt jemand zuhört! – Weitere heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wissen Sie, Sie brauchen mir gar nicht mit einem furchtbar wütenden Gesicht zu sagen, das ist skandalös oder ärgerlich! Frau Ederer hat keine Ahnung von Behindertenangelegenheiten. Sie hält aber auch noch den Sozialminister davon ab, mir zuzuhören. Sie reden ununterbrochen über Anstand. Sie haben aber keinen Anstand! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Weitere heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Frau Ederer hat gesagt, man soll allen Behinderten... (Abg. Leikam: Gehn’ S’ weiter!) Ja, ich rede weiter. Jetzt kann mir der Herr Sozialminister endlich einmal zuhören. (Abg. Leikam: Das ist unerhört! Das ist unerhört!) Bevor Sie "unerhört" brüllen, setzen Sie sich doch lieber mit dem sozialen Verantwortungsgefühl Ihrer Frau Ederer auseinander.

Sie hat gesagt, das Pflegegeld gehört von all jenen Behinderten gestrichen, die sich nicht in einer offiziellen Anstalt befinden. Wir konnten das überall nachlesen. Sie ist offensichtlich dann – Gott sei Dank, muß ich schon sagen – zurückgepfiffen worden. Das ist Ihr soziales "Verantwortungsgefühl"! – Schämen Sie sich! Die Sozialisten haben überhaupt keine Sensibilität auf diesem Gebiet! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Guggenberger: Wir haben es doch nicht gestrichen! Was reden Sie für einen Unsinn!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt Behinderte, die monatelang überhaupt nicht auf die Straße kommen. Das sind solche Behinderte, auch solche, die in Heimen leben, die niemanden haben. Mit den 500 S Pflegegeld können sie sich das auch nicht leisten.


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