Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 441

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

gibt es keinen Mangel an Geld, sondern da wird das Geld hinausgeworfen – nur für’s Vergnügen.

Herr Kollege Guggenberger! Jetzt frage ich Sie: Was ist wichtiger: daß ein Behinderter wenigstens einmal im Monat auf die Straße kommt oder daß sich Leute auf der Donauinsel bei Würstelbuden und sonstigen Veranstaltungen vergnügen? – Mir ist der Behinderte wichtiger, denn da geht es nämlich um ein grundlegendes Bedürfnis eines Menschen, daß er hin und wieder auch hinauskommt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Finden Sie es gerecht und finden Sie es anständig – weil Sie ununterbrochen von Anständigkeit reden –, daß einem Behinderten, der arbeitet, der Freibetrag gestrichen wird, der ihm seinerzeit gegeben worden ist, weil er einen besonderen Aufwand hat, damit er überhaupt in die Arbeit kommt? – Er braucht womöglich eine halbe Stunde zum Schuhe anziehen. Er braucht jemanden, der ihm beim Baden oder sonst irgend etwas hilft. (Abg. Mag. Guggenberger: Dafür ist das Pflegegeld eingeführt worden!) – Dafür ist das Pflegegeld nicht, weil das Pflegegeld – fragen Sie Herrn Sozialminister Hums, er sagt, das Geld hat ein Mascherl – für den Pflegeaufwand ist. Und dieser Freibetrag – Sie wissen, jetzt reden Sie gegen besseren Wissens, das werfe ich Ihnen schon vor – war eben für jene Aufwendungen, die er hat, weil er arbeiten geht, weil er sich eben schwerer tut.

Ich kenne eine Trafikantin, eine Frau, die in einer Trafik angestellt ist, eine schwerstbehinderte Frau. Sie hat Pflegegeld bekommen. Sie kann ihren Beruf ausüben, trägt aber von Kopf bis Fuß ein Mieder und braucht immer fremde Hilfe – zum Anziehen, zum Baden, jemanden, der sie ins Geschäft führt, nur im Geschäft kann sie dann allein sein. Als sie das Pflegegeld bekommen hat, sind sofort, innerhalb von einem Monat, die Gebühren für die Helfer, für diesen Krankendienst erhöht worden. Jetzt kann sie sich mit dem Pflegegeld weniger Stunden leisten als vorher, weil die Gebühren vom Land Wien für die Stunden erhöht wurden, und jetzt streicht man ihr noch den Freibetrag, weil man sagt, sie hat ohnehin das Pflegegeld. Bitte, wo ist denn da die Logik?!

Alles, was das Pflegegeld gebracht hat, muß sie jetzt für höhere Stundensätze hergeben. Und jetzt sagt man noch: Du gehst arbeiten, hast das Pflegegeld und kannst daher deine Mehraufwendungen herausholen. – Das stimmt aber nicht, weil bei dieser Frau – und solche Beispiele gibt es viele – gerade das Gegenteil gegeben ist.

Man merkt, da sind Maßnahmen von Ahnungslosen getroffen worden. Und Sie scheuen nicht davor zurück, den Behinderten wirklich das Hemd auszuziehen. Und damit sind wir wirklich nicht einverstanden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Folgendes möchte ich Ihnen auch noch sagen: Sie haben den Steuerfreibetrag für erheblich behinderte Kinder ebenfalls gestrichen – mit dem Hinweis auf das Pflegegeld, obwohl das Pflegegeld nur den Pflegeaufwand decken soll. Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, daß behinderte Kinder – genauso wie jeder behinderte Mensch – einen ungeheuer großen Sachaufwand haben, einen viel größeren als jeder Nichtbehinderte.

Da gibt es Behinderte, die alle drei Monate neue Schuhe brauchen. Aber da können Sie nicht Sandalen oder Tennisschuhe um 300 S kaufen. Das sind Schuhe, die beispielsweise 1 900 S kosten. Dann gibt es bei den jugendlichen Behinderten ab 15 Jahren die Selbstbehalte bei den Fahrtkosten, die Sie ebenfalls erhöht haben. Das sind jetzt nicht mehr 15 S, sondern 34 S. Für jede Hin- und Rückfahrt zu einer Therapie muß der Behinderte ab 15 Jahren 34 S oder 30 S Selbstbehalt zahlen – nageln Sie mich bitte nicht auf den genauen Betrag fest.

Der Behinderte braucht beispielsweise einen Badewannenlift. Diesen bezahlt die Krankenkasse nicht mehr, weil das keine Rehabilitationsmaßnahme ist. Es ist überall eingespart worden, kaum mehr etwas wird bezahlt, aber beim Behinderten werden auch die Geldleistungen gekürzt.

Es gibt auch die Notwendigkeit oder den Wunsch von Behinderten, bestimmte Ärzte aufzusuchen, die keine Verträge mit Krankenkassen haben. Das soll alles aus dem Pflegegeld oder aus diesem Steuerfreibetrag bestritten werden. Jemand, der ein behindertes Kind, einen behinderten


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite