Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 446

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Herr Minister! Hätten Sie mit den Leuten vorher gesprochen, dann hätten Sie sich einiges ersparen können, nämlich diesen Vorwurf, hinsichtlich der Ausnahmegenehmigung für Kolporteure. Das ist eine Ausnahmegenehmigung, die wirklich "Furore" machen wird, denn das zeigt, wie medienabhängig diese Bundesregierung eigentlich ist. Sie ist medienabhängig, und ich meine auch erpreßbar, und zwar deshalb erpreßbar, weil diese Regierung nicht durch Leistungen punktet, da diese Regierung ihre Erfolge nur von der Berichterstattung der Medien abhängig gemacht hat – und auch weiterhin abhängig machen wird.

Ich kann diesem Belastungspaket, was den Bereich Arbeit und Soziales anlangt, nur in einigen Punkten zustimmen. Wir Freiheitlichen haben getrennte Abstimmung in vielen Punkten verlangt.

Ich meine, daß diese Bundesregierung gut daran täte, zuerst die Milliarden von den Privilegienrittern in der Nationalbank, in den Kammern und Verbänden und in der Führungsebene der Sozialversicherungsanstalten zu holen – bevor sie den Österreicherinnen und Österreichern derart tief in die Taschen greift. (Beifall bei den Freiheitlichen. )

15.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

15.37

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor einer Woche war ich in Washington. Ich habe dort mit Erschrecken sehen müssen, daß einen Kilometer neben dem Weißen Haus die Leute unter Zeitungen auf Parkbänken schlafen. Das ist nicht alles: In Amerika sind immerhin 40 Millionen Menschen nicht versorgt, und das führt mich zu meinem heutigen Thema, daß wir eigentlich stolz darauf sein sollten – trotz Sparpaketen und allem, was da auf uns zugekommen ist und notwendig war –, daß wir Österreicher, was das Sozialwesen betrifft, eine Vollversorgung haben. (Beifall bei der ÖVP. )

Trotz einer zweijährigen Reformdiskussion, die Präsident Clinton und seine Gattin geführt haben, wird in der USA die Zahl der Nichtversorgten – und das ist eine neue Zahl – auf 60 Millionen ansteigen. Auf 60 Millionen! Das heißt, in Amerika sind praktisch weit über 20 Prozent im Krankheitsfall nicht versorgt, werden aus dem Spital hinausgeschmissen – etwas, was in Österreich undenkbar wäre.

Wir in Österreich sind sogar einen Schritt weiter: Wir bieten eine Breitenmedizin auf hohem Niveau an. Ich habe zum Beispiel einen lebertransplantierten Bauarbeiter, der im AKH war. Das ist eine Sache, die international absolut nicht selbstverständlich ist, daß man eine solch hohe Leistung ohne Alterslimit bekommt, ohne jegliche Zuzahlungen.

Ich komme nun zu meinem Thema im eigentlichen Sinn: Wir sollten sehr, sehr stolz darauf sein, daß wir in diesem System leben können. Wir sehen das ja sehr oft mit den Augen der Gesunden, aber wenn jemand krank ist, will er in Wirklichkeit die Vollversorgung.

Wie soll also der Weg weitergehen? Sollen wir eher das Niveau Schweiz, Deutschland, Österreich halten, oder gehen wir eher in Richtung England und anderer Staaten, die diesbezüglich ein niedrigeres Niveau haben? Herr Minister! Wir sind fast Künstler, muß ich sagen, daß wir mit etwa 6 Prozent Beiträgen bei den Angestellten – wenn man den Pflegebeitrag herausrechnet – ein Niveau finanzieren, das die Deutschen mit 14 Prozent finanzieren glauben zu müssen. Da ist Dank an alle, die Leistungen erbringen, aber auch ein Lob an die Sozialversicherung zu geben. Das werden Sie sicher akzeptieren, wenn ich das als Arzt sage, der Kassenarzt ist.

Österreich liegt bei den Kosten etwa an der achten Stelle. – Leider hat sich aber in der österreichischen Diskussion das Wort "Defizit" eingeschlichen. Ich glaube jedoch, es gibt kein Gesundheitsdefizit und kein Spitalsdefizit. Das ist unsinnig! Es gibt auch kein Schul- oder Straßenbaudefizit oder Bundesheerdefizit. Wir sollten ein anderes Prinzip in den Vordergrund stellen, nämlich das Prinzip bestmögliche Betreuung. Das ist auch der Bürger Wunsch – und darüber sollte eigentlich Konsens in diesem Haus herrschen. (Beifall bei der ÖVP. )


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