Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 460

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Er hat das Wort.

16.37

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten hier heute über siebeneinhalb Stunden lang eine sehr intensive Debatte über ein großes Sozialpaket, über eine Umgestaltung unseres Sozialsystems, die, so glaube ich, notwendig und richtig ist, auch wenn sie überaus schwierig ist und auch wenn wir vielleicht in der Vergangenheit etwas zu wenig Bewußtseinsbildung für die Notwendigkeit einer Umgestaltung betrieben haben.

Meine Damen und Herren! Eine Umgestaltung des Sozialsystems ist eine permanente Herausforderung, und niemand soll glauben, daß mit dem heutigen Paket diese Aufgabe der Umgestaltung erledigt ist. Soziale Bedürfnisse wandeln sich ständig. Man kann daher nie einen Sozialstopp ausrufen. Auf der anderen Seite wäre es leichtfertig zu sagen, sozial heißt, es muß alles so bleiben, wie es ist.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen eine Diskussion darüber, welche Konsequenzen die Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung auf unser Sozialsystem hat – eine überaus heikle Aufgabe. Ich sage Ihnen folgendes: Ich hatte erst vorigen Freitag bei der Betriebsrätekonferenz der Gewerkschaft der Privatangestellten eine Diskussion mit dem Zentralsekretär der GPA, Herrn Katzian. Sie werden verstehen: Wenn der Zentralsekretär der Gewerkschaft der Privatangestellten mit dem Generalsekretär der Wirtschaftskammer diskutiert, werden in vielen Punkten unterschiedliche Positionen eingenommen. Aber in einem hatten wir einen Grundkonsens, und dieser Grundkonsens ist mit drei ganz simplen Worten auszudrücken: "Wir müssen umgestalten!" (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte das anhand dieser ganz primitiven Worte "Wir müssen umgestalten" – ich möchte jedes einzelne Wort dreimal unterstreichen – erläutern.

Erstens: "wir". Meine Damen und Herren! Die soziale Sicherheit ist ein prioritäres Anliegen der gesamten Bevölkerung. Mein Kollege Donabauer hat heute zu Recht zitiert: Soziale Sicherheit ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie. Da geht es nicht an, daß wir gegenseitig übereinander "drüberfahren". – Weder können die Arbeitgeber über die Arbeitnehmer "drüberfahren" – noch umgekehrt. "Wir" heißt, daß wir alle aufgerufen sind – Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Parlament, Regierung –, diese Verantwortung gemeinsam zu tragen, diese Herausforderung gemeinsam in Angriff zu nehmen. Das ist ein gemeinsames Anliegen aus einer sozialen Grundverantwortung heraus, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir müssen sehr, sehr achtgeben – und ich gebe zu, es ist für die Opposition wahrscheinlich sehr schwierig, diese Voraussetzung zu erfüllen –, wir müssen unglaublich achtgeben, daß wir diese Bewußtseinsbildung ohne Verunsicherung weiter Kreise der Bevölkerung bewältigen; eine unglaublich schwierige Herausforderung. Ich weiß schon, die Opposition ist natürlich immer wieder verleitet, hier entsprechend demagogisch zu agieren, aber ich glaube, die soziale Sicherheit sollte uns zu wertvoll für Tageshickhack und dem Herausschlagen von politischem Kleingeld sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweitens zum Wort "müssen". Meine Damen und Herren! "Müssen" deshalb, weil es im Grunde genommen keine Alternative zur Umgestaltung des Sozialsystems gibt. Ich möchte es wieder sehr einfach sagen: Ein Sozialsystem, selbst das schönste Sozialsystem der Welt, das nur auf dem Papier steht, weil wir aus Gründen der Konkurrenzfähigkeit Arbeitsplätze verlieren, hat keinen Wert. Ein Sozialsystem ist nur dann wertvoll, wenn es nicht nur auf dem Papier steht, sondern durch leistungsfähige Betriebe, durch leistungsfähige Arbeitsplätze auch entsprechend dauerhaft und sicher finanziert werden kann. Die einzige Finanzierungsgarantie für die soziale Sicherheit überhaupt sind leistungsfähige, gewinnorientierte Betriebe und damit Arbeitsplätze. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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