Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 480

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dringend weiterzuführen. Das Dienstrecht, das Studienrecht, das österreichische Forschungskonzept müssen in einem intensiven Dialog mit den Betroffenen vorangetrieben werden. Mehr Geld ist auch für die Universitäten nicht das allein seligmachende Konzept. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte, Sie haben das Wort.

18.13

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Lukesch! Mehr Geld ist selten ein allein seligmachendes Konzept. Das solltest du als bekennender Christ auch wissen. Aber das Problem, dem wir hier gegenüberstehen, ist um eine Spur weniger metaphysisch. Du hast doch auch nicht vergessen, daß noch vor kurzer Zeit 40 000 Demonstranten auf der Straße standen, daß bundesweit alle Universitäten im Streik standen – jetzt, vorläufig, nicht mehr. Es hat in den Zeitungen einige vorsichtige, manchmal auch hämische Kommentare darüber gegeben, daß der Streik – unter Anführungszeichen – "zusammengebrochen" sein soll.

Ich bin nicht der Meinung, daß man die Sache so einfach sehen soll. Ich empfehle Ihnen im nachhinein den Artikel, der vor einigen Wochen im "Standard" erschienen ist, des Herrn Kollegen Rudolf Burger, Rektor einer Hochschule in Wien, der sich folgende Frage stellt: Selbst angenommen, daß die universitären Proteste – sei es der Studenten, sei es des Mittelbaus – aussichtslos und zwecklos sind – zum Beispiel aus dem Grund, den Kollege Lukesch genannt hat: man will ein geschnürtes Paket an einem kleinen Eckchen nicht wieder aufschnüren –, selbst angenommen, das wäre der Fall, sind die Proteste deswegen illegitim und sinnlos? – Sie sind es nicht, sagt Herr Kollege Burger, und das finde ich sehr bedenkenswert. Sie sind nicht illegitim, weil das Paket Studierende und Lektoren mit überproportionaler Härte trifft. Das möchte ich Herrn Kollegen Lukesch noch einmal von diesem Pult aus entgegenhalten. Es ist eben nicht so, daß die Bevölkerung gleichmäßig von dieser Art von Budgetpaket betroffen wäre, sondern einer der Gründe des Protestes der Lektoren und Assistenten, aber auch der Studierenden richtet sich natürlich gegen das Faktum, daß sie überproportional betroffen sind.

Du weißt ebenso gut wie ich, lieber Kollege Lukesch, daß die Assistenten grosso modo dreifach betroffen sind. Sie sind als Staatsbürger und normale Einkommensbezieher betroffen und sind insofern zum Beispiel von allen einkommensteuerlichen Maßnahmen berührt. Sie sind zweitens vom sogenannten Sparpaket betroffen, soweit sie eben Beamte sind. Damit treffen sie alle Maßnahmen, die für den öffentlichen Dienst gelten. Und sie haben drittens ein kleines Paket – "klein" vor dem Hintergrund der 100 oder 110 Milliarden Schilling, um die es hier geht – zu ertragen, das sich aber gleichwohl auf relativ wenige Leute bezieht. (Abg. Dr. Lukesch: Das trifft ja alle Einkommensteuer- und Abgabenzahler!)

Diese 300 Millionen Schilling, aufgeteilt auf die Lektoren und Assistenten, machen im Einzelfall relativ viel Geld aus. Das ist das Dritte, was sie trifft, also eine Dreifachbelastung. Es kann gar keine Rede davon sein, daß wir hier ein gleichmäßiges Paket haben!

Die Proteste sind außerdem nicht sinnlos, selbst wenn sie erfolglos sein sollten, denn sie haben immerhin ein Problem öffentlich politisiert. Sie haben das Problem in eine politische Dimension, in eine politische Sphäre gerückt – das ist das Argument des Kollegen Burger –, anstatt es im Ökonomistischen verharren zu lassen. Kollege Burger – ich zitiere ihn wörtlich – sagt: "ein politisches Problem, das aber verfahrenstechnisch bloß bürokratisch, inhaltlich rein ökonomisch behandelt wurde".

Es kränkt mich natürlich ein bißchen, daß es rein ökonomisch sein soll, wie die Ministerialbürokratie beziehungsweise der Bundesminister hier vorgegangen sind, da ich selbst Ökonom bin. Eher ist es das Zerrbild einer rein betriebswirtschaftlichen Sicht, das Kollege Burger hier karikiert.


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