Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 481

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Immerhin, was er aber meint – ich zitiere wieder, jetzt auf die Spitze gebracht –: "Rein ökonomisch ist nicht einzusehen, warum Österreich sich überhaupt noch Universitäten und Hochschulen leistet. Im Rahmen der EU könnte man sie alle wegrationalisieren." – Das ist nicht meine Meinung, das ist auch nicht Kollegen Burgers Meinung, aber er bringt die Sache sozusagen auf eine absurde Spitze.

Ich fahre fort mit dem Zitat: "Österreich könnte seinen gesamten Bedarf an Akademikern, gleichgültig welcher Sparte, aus dem EU-Raum decken, ohne einen einzigen davon selbst zu produzieren. Bei der derzeitigen Akademikerarbeitslosigkeit in Deutschland" – gleiche Sprache – "dürfte das kein Problem sein. Es gäbe nicht einmal eine Sprachbarriere. Umgekehrt könnten alle österreichischen Studenten im Ausland studieren zu den gleichen Bedingungen wie ihre Kommilitonen vor Ort. Das förderte ihr Europabewußtsein und ihre linguistische Kompetenz. Der notwendige Ausbau des Stipendienwesens käme lächerlich billig im Vergleich zu den Einsparungen der Fixkosten nationaler Universitäten und Hochschulen."

Burger sagt selbst, das ist ein rhetorischer Trick, den er hier anwendet, die reductio ad absurdum, aber es bringt die Sache, finde ich, sehr schön auf den Punkt, nämlich daß eine Reform der Universitäten, eine Reform des tertiären Bildungswesens nach rein ökonomischen Gesichtspunkten unvorstellbar ist. Das geht bestenfalls noch bei sozusagen verwertungsorientierten Wissenschaften wie – Gott sei es geklagt – der Ökonomie oder dem Jusstudium und dergleichen. Aber was ist mit der Ägyptologie, den geistes- und kulturwissenschaftlichen Studienrichtungen, die sozusagen weiter entfernt sind, Reflexionswissen vermitteln, aber nicht Verwertungswissen?

Die Frage kann also nicht sein, was man für das Wirtschaftswachstum – oder was immer man hier als Kriterium heranzieht – braucht, sondern was man will. Und das ist eine politische Frage. Das ist sozusagen der tiefere Sinn der Proteste der letzten vier Wochen! (Beifall bei den Grünen.)

All diese Maßnahmen, die jetzt debattiert werden, laufen ja unter dem Titel "Strukturreform", "Strukturbegleitgesetze" und so weiter. Das muß einen eigentlich schon ziemlich bedenklich stimmen. Wenn es wenigstens nur "Budgetbegleitgesetze" geheißen hätte, dann würde man nicht so nervös werden. Aber "Strukturbegleitgesetze"? Die Struktur, die sich hier abzeichnet, soll gekennzeichnet sein durch eine Reduktion der Studiendauer – das ist eine schon etwas zurückliegende Geschichte – bei Kulturwissenschaften auf sechs Semester – nirgends im Ausland würde das als Magisterstudium anerkannt werden –, durch eine Kürzung der Lehrauftragsentschädigung – das ist unser Thema heute – um 30 Prozent bis 50 Prozent. Auch die Sache mit den Werkverträgen könnte auf Universitätsebene eine große Rolle spielen – nicht unmittelbar bei den Lehraufträgen, aber im Rahmen von Forschungsprojekten. Viele junge Forscher und Wissenschafter retten sich mit Forschungsaufträgen über die Runden. Diese Aufträge könnten jetzt – nicht für jeden Werkvertrag wird das gelten – aber teurer werden. Und dazu kommt natürlich die Kürzung der ministeriellen Forschungsmittel im Rahmen des Normalbudgets beziehungsweise im Rahmen der Fonds. Ich komme darauf dann später noch zurück.

Ich möchte hier keine Mißverständnisse wecken. Sie wissen ja, ich bin Professor und insofern unverdächtig. Ich argumentiere hier für die Interessen der Assistenten, der Studenten und auch der externen Lektoren. Persönlich bin ich kaum betroffen von diesem Budgetpaket, abgesehen von der Kürzung der Prüfungsentgelte. Das werde ich überleben. Sicherlich kommt in den nächsten ein, zwei Jahren im Rahmen von Ausgabenkürzungen noch einiges auf uns zu. Aber ich gehe davon aus, daß wir auch das überleben werden.

Wir Professoren sind nicht existentiell gefährdet, es wäre lächerlich, so zu tun. Und das sagt auch kein Rektor, kein Dekan und kein normaler Professor. Aber im Rahmen der Assistenten und der externen Lektoren kann es sehr wohl Fälle geben, in denen es zu großen, auch existentiellen Schwierigkeiten kommen kann. Herr Bundesminister! Es ist zwar von Fakultät zu Fakultät verschieden. Zum Beispiel ist typischerweise die Rolle der externen Lektoren bei den SOWI-Fakultäten relativ gering; vielleicht nicht quantitativ, aber qualitativ gering. Das sind typischerweise Übungen aus Buchhaltung, Kostenrechnung und so weiter, die man nach außen vergeben kann. Aber im Bereich der klassischen Geisteswissenschaften, der Philosophie und all


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