Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 549

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Meine Damen und Herren! Es geht bei dieser Debatte natürlich auch um die Würde der Tiere und insbesondere um die Würde des Rindes. Deshalb haben wir diese beiden Masken ins Haus gebracht, damit wir auch konkret wissen, worüber gesprochen wird.

Meine Damen und Herren! Der Wahnsinn, der in der Agrarindustrie passiert ist, ist eigentlich zuerst ein menschlicher Wahnsinn gewesen. Er ist in Profitgier, in der Hybris der Menschen gelegen, die geglaubt haben, alles ist machbar – auch in der Agrartechnologie. Erst dann folgte jene Krankheit, von der sehr, sehr viele Bäuerinnen und Bauern in Europa, insbesondere in Großbritannien, betroffen sind. Über die Solidarität haben wir letztes Mal schon geredet, Herr Reichhold. Ich werde mich heute nicht mehr so aufregen. Ich bin bei diesem Thema immer sehr empfindlich. Mit dieser geteilten Menschenwürde und geteilten Solidarität habe ich meine Probleme. Wir werden alle noch Europäer werden, Herr Reichhold, auch wenn wir dafür sorgen, daß unsere Bauern die Möglichkeit zum Überleben haben, und zwar nicht nur zum Überleben, sondern daß sie ein Leben in Würde und mit einem ordentlichen Einkommen führen können.

Meine Damen und Herren! Ich habe mir heute eigentlich gedacht, ich ändere einmal meine Rolle. Was würde ich tun, wenn ich ein braver, fleißiger ÖVP-Agrarpolitiker wäre? – Ich sage es Ihnen: Ich hätte mir einen Artikel aus der "Frankfurter Rundschau" herausgesucht und hätte ihn hier stolz vorgetragen. – Ich weiß schon, daß Sie mich nie genommen hätten. Manchmal gibt es historische Zufälle, die ein Glück sind!

"Frankfurter Rundschau": In der Landwirtschaft liegen Hunderttausende von Arbeitsplätzen brach. Das Ende des Bauernsterbens ist ganz wesentlich eine Frage des politischen Willens – das schreibt die "Frankfurter Rundschau" über die deutsche Agrarpolitik –, wie das Beispiel Österreichs zeigt: Dort wird der ökologische Landbau seit etwa vier Jahren politisch weit mehr unterstützt als in Deutschland. Ergebnis: Dort arbeiten schon 12 Prozent der Bauern ökologisch, bei uns in Deutschland nur ein Prozent.

Meine Damen und Herren! Als österreichische Politiker könnten wir darauf stolz sein – und wir sollten es auch sein! (Abg. Freund: Jetzt darfst du uns nicht mehr kritisieren!) Aber, Herr Abgeordneter Schwarzenberger: Vom Ausland her sieht manches ganz anders aus. Wir loben auch oft irgendwelche dänischen Steuermodelle und irgendwelche Schweizer Modelle und irgendwelche schwedischen Modelle. Und irgendwo in Frankreich oder irgendwo in Amerika gibt es eine wunderbare Stadt, da ist die Ökologie bis ins letzte Detail durchgesetzt. (Abg. Schwarzenberger: Aber unsere Bemühungen müssen Sie anerkennen!)

Herr Abgeordneter Schwarzenberger! Nehmen wir einmal an, daß Sie auch Bemühungen auf sich nehmen und daß Sie auch im Interesse der österreichischen Bauern und Bäuerinnen agieren. (Abg. Freund: Das ist so! Das brauchen Sie nicht "anzunehmen"!) Wenn so etwas in einer deutschen Zeitung, die ja ernst zu nehmen ist, steht – der Herr Franz Alt hat das geschrieben –, dann sollten wir doch diesen Schwung, diesen Eindruck, diese Möglichkeiten noch offensiver nutzen, Herr Abgeordneter Schwarzenberger.

Wir sollten versuchen, die Initiativen unserer ökologischen Landwirtschaft verstärkt zu fördern – wenn Österreich schon Spitzenreiter im Zusammenhang mit dem ökologischen Landbau ist. Ich bin ja immer tief berührt, wenn solche katastrophalen Erscheinungen wie die des Rinderwahnsinns auftreten. Sehr bemerkenswert ist, daß jetzt gerade jene Bauern, jene Organisationen, jene Gruppen, die Vorreiter sind, die Dinge tun, die Sie von der ÖVP lange, lange hier im Hause nicht zugelassen haben, die Sie zum Teil auch bekämpft und erschwert haben, daß also diese Gruppen, diese Organisationen jetzt plötzlich zu Schutzinseln werden, auf die Sie sich flüchten, damit Sie zeigen können: Österreich ist ganz anders! Plötzlich heißt es: In Österreich ist ja die Agrarpolitik eine ganz andere! Hier gibt es das alles nicht. Wir haben hier ökologische Landwirtschaft. Dann treten Sie vor die Kameras – wie gestern die Frau Krammer und der Herr Molterer bei dieser Veranstaltung am Graben – und können mit Stolz darauf verweisen, daß in Österreich viele Dinge anders laufen.


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