Aber wir erinnern uns nicht nur an diese Beispiele im ORF, sondern wir erinnern uns auch an die Abkanzelung eines Wissenschafters des Wirtschaftsforschungsinstitutes, Professor Breuss, der vor der EU-Abstimmung voll die Wahrheit gesagt hat, wie hoch der Abgang im Budget wirklich sein wird. Da hat ihn der Kanzler abgekanzelt. Der Herr Kramer mußte sich im Fernsehen dafür entschuldigen, daß der Wissenschafter Professor Breuss leider nicht die Wahrheit gesagt habe, wie hoch das Defizit durch den EU-Beitritt sein würde. Das Wirtschaftsforschungsinstitut ist ja auf Gelder der Regierung angewiesen. Der ORF steht natürlich zu Diensten, wenn die Abbitte des Herrn Kramer übertragen werden muß. – Daß Breuss allerdings im nachhinein recht behalten hat, das sei nur noch ergänzend angefügt.
Daher meine ich, meine Damen und Herren, das alles müßte eigentlich zum Nachdenken anregen und sollte heute auch in dem Appell an Sie, Herr Bundeskanzler, enden: Kommen Sie endlich dem Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes in Straßburg nach! Mehr brauchen Sie nicht zu tun. Es ist nicht die Aufgabe der Opposition, das einzufordern. Sie sind als Chef dieser Regierung verpflichtet, im Sinne des Erkenntnisses zu handeln. Seit drei Jahren tun Sie das allerdings nicht. Warum, das weiß niemand. Daß es politische Hintergründe gibt, habe ich vielleicht hier ein bißchen darstellen können.
Das ist es: Es geht einfach um diese Art der gelenkten Meinungsbildung in unserem Lande. Sie sind ja nicht nur ein mächtiger Herr, der jetzt auch auf den ORF Einfluß nimmt und der es in der Hand hat, ob etwas freigegeben wird oder nicht, Sie haben ja auch noch rund 300 Millionen Schilling besondere Presseförderung zur Verfügung, etwas, was einmalig ist in einem demokratischen Staat, daß es nämlich mehr oder weniger in der Macht des Kanzlers liegt, Zeitungen zu fördern. Schreiben sie brav, bekommen sie hohe Subventionen, schreiben sie nicht brav, schaut es schon wieder anders aus. Daß da interveniert wird, hat der Kurzzeitchefredakteur der "Presse" Dr. Maier in einem Abschiedsartikel in der "Presse" unumwunden zugegeben, wenn er schildert, wie vor der Nationalratswahl einer der höchsten Politiker Österreichs – schwer zu erahnen, wen er damit meint – bei ihm anruft und fragt, ob man in der "Presse" nicht etwas tun könne für seine Partei, ob man nicht in der Berichterstattung stärker Rücksicht nehmen könnte. Daraufhin weist der Chefredakteur der "Presse" nach seinen Worten darauf hin, daß im Titel der Zeitung "unabhängig" steht, Tag für Tag. "Das Argument konnte", schreibt Herr Maier, "mein Gegenüber nicht überzeugen. Vielleicht hätte ich eine Summe nennen sollen. Aber mein Gesprächspartner begann ohnehin, unauffällig über die Presseförderung nachzudenken." (Abg. Mag. Stadler: Das ist unglaublich!) – Das ist Österreich, meine Damen und Herren! Das ist Österreich! Das ist die "freie Meinungsäußerung" in unserem Lande!
Daher sollte man wirklich sagen: Wir diskutieren über die Minima dieser Republik. Da wird es zur Staatsaffäre, wenn der Herr Kanzler ohne Kleider auf einem Titelblatt firmiert. Daß das dem Oppositionschef der Freiheitlichen schon vor drei Jahren passiert ist, das vergißt man. Da gab es keine Aufregung. Aber wenn der Kanzler betroffen ist, ja dann müssen sofort alle Journalisten zurücktreten, die es gewagt haben, so ein Blatt herauszubringen, denn das ist ja Majestätsbeleidigung, meine Damen und Herren. Metternich würde sich freuen, wie in den Regierungsämtern gefuhrwerkt wird, was die Meinungsbildung in unserer Republik betrifft! (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Daher sage ich Ihnen, meine Damen und Herren, es hat Hans Haider recht, wenn er sagt: "Die Sozialisten haben sich im Laufe ihrer jahrzehntelangen Regierungstätigkeit ein Kultur- und Medienaggregat geschaffen, das stalinistischen Zuschnitt hat und das größte Kulturaggregat neben Pjöngjang und Peking ist." – Das hat er bisher unwidersprochen sagen können. Sie haben es nicht einmal beeinspruchen können.
Sie setzen jetzt ja auch weitere Schritte. Frau Ederer kündigt ja schon an: Wir gehen jetzt weiter. Nicht nur Meinungsjournalismus, Tendenzjournalismus, der regierungsfreundlich ist, soll gefördert werden, sondern wir wollen jetzt auch jene Bürger, die auffällig sind, weil sie in öffentlichen Institutionen nicht im Sinne der Regierung argumentieren, an den Pranger stellen. Auffällige Bürger, Lehrer und Professoren in den Schulen sollen von Denunzianten an den Pranger gestellt werden.