sozial Schwachen um? – Das alles ist Bestandteil der politischen Kultur. Quer durch die unterschiedlichen Politikfelder, muß ich sagen, hat der eine dem anderen jeweils nichts vorzuwerfen. Auf dem einen Feld sind die einen schlimm dran, auf dem anderen Feld sind die anderen schlimm dran. Ich glaube, daß man die Dinge nicht aufrechnen kann und nicht sagen kann: Weil ich mich in einem Bereich anständig und redlich verhalte, habe ich einen Freibrief dafür, mich auf einem anderen Feld anders zu verhalten, nämlich nicht so sensibel, nicht so wach und bewußt, wie es die jeweilige Problemlage erfordern würde.
Zur politischen Kultur gehört auch, wie man mit dem politischen Mitbewerber, wie man überhaupt mit der Pluralität in der Demokratie umgeht, und da haben diese beiden Regierungsparteien auch einen riesigen Nachholbedarf. Jedesmal, wenn wir vor Landtagswahlen stehen, ist es spürbar, welches Klima Sie mit Ihrer Mehrheit in diesem Land erzeugen und welchen Druck Sie auf die Bürgerinnen und Bürger ausüben, weil es Ihrer Machterhaltung dient, zum Beispiel, wenn es darum geht, Unterstützungserklärungen für das Kandidieren für eine Landtagswahl herbeizuschaffen, nämlich mit der Unterschriftsleistung vor dem Bürgermeister, vor der Bezirkshauptmannschaft, das heißt vor dem politisch Verantwortlichen in einem kleinen Ort, wo man genau weiß, wie das registriert wird, wo man genau weiß, daß da sogar noch Kopien gemacht werden, damit man weiß, wer denn da unterschrieben hat. Sie haben es immer noch geschafft, Sie schaffen es auch wieder. Aber welche Geisteshaltung steckt da dahinter und wie sehr lassen sich tatsächlich die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes davon manipulieren? Wie schwierig ist es, sie zur Zivilcourage zu bringen und ihnen zu sagen: Gebt doch eurem demokratiepolitischen Verständnis einen Ruck und gebt doch unabhängig davon, wen ihr wählen wollt, veschiedenen Gruppierungen eine Chance, sich überhaupt der Wahl zu stellen! Was das alles bedeutet, welches Klima Sie in diesem Land erzeugen, muß man sich einmal klarmachen. Und das ist Ihnen sehr recht. Also reden Sie mir nicht von politischer Kultur. Wenn sie Ihnen dient, dann biegen Sie sie schon hin!
Auch die Glaubwürdigkeit ist ein Bestandteil der politischen Kultur, und zwar die Glaubwürdigkeit, die nicht nur daran gemessen wird, ob man Wahlversprechen hält, sondern die auch daran gemessen wird, wie man mit der Realität und mit dem reinen Wein Einschenken für die Bürgerinnen und Bürger umgeht. Letzteres tun Sie nicht. Sie reden nicht nur um die Sache herum, sondern Sie stellen die Dinge auch oftmals in einem anderen Lichte dar. Sie tun das entweder aus politischer Überlegung, weil Sie zu feig für die Wahrheit sind, oder aber, weil Sie glauben, dadurch eine Mehrheit erreichen zu können. Das heißt, Sie teilen es sich auch ein, wann Sie den Menschen die Wahrheit zumuten und wann Sie sie ihnen nicht zumuten. Das ist aber auch ein Bestandteil der Glaubwürdigkeit. Das ist auch ein Bestandteil der politischen Kultur. Und es gehört auch zur Erzielung von Demokratiebewußtsein bei unseren Bürgerinnen und Bürgern, daß sie sich überhaupt ernstgenommen fühlen. Sie sollen sie aber nicht nur immer am Wahltag ernst nehmen, wenn sie ihre Stricheln machen dürfen, sondern das ganze Jahr über, um sie ihr Demokratiebewußtsein überhaupt ausleben zu lassen. Denn davon lebt die Demokratie! Und das ist etwas, was Sie nicht nur schwer vernachlässigen, sondern wogegen Sie nahezu wöchentlich verstoßen. (Beifall beim Liberalen Forum.)
Es ist aber auch ein Merkmal der Entwicklung unserer Demokratie und dafür, in welche Richtung sie sich entwickelt, welchen Einfluß die Medien auf die Politik gewinnen. Wir haben in diesem Hause aus Anlaß der Beratung des Strukturanpassungsgesetzes vergangene Woche schon davon gesprochen, wie es passiert, daß man einfach einem Medienzaren einen Wunsch nicht abschlagen will. Ob das gescheit ist von Ihnen, ob Sie diese Macht überhaupt richtig einschätzen, steht jetzt nicht zur Debatte. Tatsache ist, daß Sie hier mit einer Ausnahmeregelung bei den Werkverträgen einfach einen Kniefall vor einer Medienlandschaft, vor ganz bestimmten Medienträgern gemacht haben, wobei Sie sich vielleicht gedacht haben: Nützt’s nichts, so schadt’s nichts. – Wenn das die Grundlage für politisches Verhalten ist, wenn das die Motivation für eine Gesetzgebung ist, dann ist das wirklich ein Tiefpunkt politischer Kultur!
Wenn ich daran denke, wie wir in einem Kulturausschuß darüber diskutiert haben, wie sehr Kulturschaffende von dieser Änderung der Werkvertragssituation betroffen sind, was das für die gesamte Kulturszene bedeutet, dann muß ich sagen: Da hat es überhaupt keinen Anlaß gegeben, sich auch nur im Ansatz mit etwas derartigem auseinanderzusetzen, ob man da