Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 39

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vielleicht etwas anders regeln könnte et cetera. Aber sobald es um eine auflagenstarke Zeitung geht, wird nicht einmal viel darüber geredet, nach dem Motto: Sicher ist sicher! Machen wir! – Das ist Ihre Vorstellung politischer Kultur? Ist das wirklich jene Entwicklung der Demokratie, die Sie sich wünschen, daß auf Zuruf von Medienzaren, wie immer sie auch heißen, nicht nur Themen, sondern auch noch Inhalte vorgegeben werden? Auch das Beispiel Lauschangriff und Rasterfahndung zeigt das, weil es nicht aus einer inhaltlichen Notwendigkeit entsteht, sondern weil Sie es zulassen, daß Themen herbeigeschrieben werden, und Sie setzen sich dann auch noch mit diesen in einer Art und Weise auseinander, wo Ihnen Grundrechte nicht mehr wichtig sind, wo Sie sich einfach nur auf die Spitze einer Welle setzen, weil es vielleicht die eine oder andere Stimme bringt, aber wo sicherheitshalber nur ja niemand verprellt wird, weil diejenigen, die mit Grundrechten etwas anfangen können, vielleicht von Ihnen zu gering eingeschätzt werden.

Wenn ich mir vorstelle, daß Sie da ganz bewußt die Entwicklung dieser Demokratie zu mehr Einfluß einer Mediendemokratie mitgehen und sogar forcieren, dann beunruhigt mich das, weil ich nicht glaube, daß auf diese Weise politische Verantwortung wirklich gut gelebt werden kann. Dazu gehört auch, daß wir einer Konzentration auf dem Medienmarkt entgegenarbeiten. Dazu gehört daher auch, daß sich dieses Parlament tatsächlich noch einmal mit dem Kartellgesetz auseinandersetzt, um zu einer Entflechtung der Konzentrationen zu kommen, die wir derzeit haben. Nur: Sie trauen sich nicht. Schon bei der letzten Novelle haben Sie sich nicht getraut.

Dazu gehört auch, daß Sie – und es wurde heute bereits angesprochen – beim ORF-Monopol jetzt nicht wieder eine Regelung suchen, mit der Sie sich Ihren parteipolitischen Einfluß unter einem anderen Mantel wieder absichern, sondern daß Sie tatsächlich eine Unabhängigkeit und Medienvielfalt zulassen. Dazu gehört es daher, daß ein Privatradiogesetz nicht politischen Interessen folgt, sondern dem Ziel des Pluralismus in unserer Demokratie. Das sind ganz wesentliche Eckpunkte für die Entwicklung unserer Demokratie. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn ich mir die Entwicklung des Parlaments anschaue, dann sehe ich – und ich habe bereits ein Schlaglicht darauf geworfen –, in welche Richtung wir gehen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dieses Parlament als einen Erfüllungsgehilfen der Regierungsparteien zu sehen. Ich verkenne dabei nicht die Problematik, die darin besteht, daß eine Regierung selbstverständlich Interesse daran haben muß, ihre Vorhaben umzusetzen, weil sie ja, wenn dies nicht gelingt, immerhin dafür geprügelt wird. Das verkenne ich überhaupt nicht. Aber wenn man diesen Gedanken konsequent durchdenkt und zum alleinigen Maßstab macht, dann brauchen wir das Parlament nicht mehr. Es geht also einfach darum, in diesem Spannungsfeld einen Ausgleich zu finden. Es geht darum, dort, wo eine Konfliktsituation besteht, zu wissen, wofür man sich entscheidet. Dann kann es nicht sein, daß man sich für die Regierung und gegen das Parlament entscheidet. Dann kann es auch nicht sein, daß wir eine Sammelgesetzgebung immer mehr zur Praxis machen. Wenn ich mich richtig erinnere, hat der Titel des letzten Sammelgesetzes im vergangenen Jahr allein zwei Seiten umfaßt, jetzt hat der Titel bereits vier Seiten. Das kann ja nicht wirklich der Weg sein, den Sie schleichend immer fester absichern, um uns dann das nächste Mal zu erzählen: Das ist ja nichts Neues, das haben wir ja schon das letzte Mal gemacht.

Das heißt, diese Entwicklung des Parlaments gehört nicht nur korrigiert, sondern der gehört ganz kräftig ein Riegel vorgeschoben, und zwar auch deswegen, weil wir ja die Eigenverantwortung in allen Diskussionen, die jetzt geführt werden, immer öfter betonen. Eigenverantwortung von Bürgerinnen und Bürgern zu verlangen, aber Eigenverantwortung der Parlamentarier zu leugnen, das paßt nicht zusammen. Da sind wir wieder bei der Unglaubwürdigkeit. Da wird Ihnen niemand folgen – und das mit Recht. Wenn man das freie Mandat nicht immer nur dann ernst nimmt, wenn man sich zufällig gegen etwas aussprechen möchte, was die eigene Fraktion will, sondern wenn man das freie Mandat auch so versteht, daß man Verantwortung dafür übernimmt, was man beschließt, wofür man ein Teil des Beschlußapparates ist, dann sieht die Situation anders aus. Dann wird sie nicht so sein, wie sie bei diesem Strukturanpassungsgesetz und bei diesen beiden Bundesfinanzgesetzen war.


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