Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 225

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Europäische Union erstmals einen erheblichen Geldbetrag zur Unterstützung der Europawahl in Mitgliedsländern zur Verfügung stellen wird. Sie gibt für die Europawahlen in Finnland und in Österreich 1 Million Ecu zur Propaganda im jeweiligen Land her, wobei der größere Teil dieser Million nach Österreich fließt, weil angeblich die Stimmung hier so schlecht ist und man daher mit entsprechenden Geldmitteln die geistige Veränderung der Österreicher in Richtung positive EU-Stimmung herbeiführen muß. (Abg. Mag. Stadler: Stimmenkauf!)

Das ist eine sehr sonderbare Einstellung, die bei uns unter dem Titel "Stimmenkauf" firmiert und die mit einer wirklichen demokratischen Auseinandersetzung nichts zu tun hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn die EU und auch die Vertreter Österreichs, die in der EU sitzen, wirklich der Meinung sind, daß das der richtige Weg ist, uns sozusagen mit Propaganda zu überrollen – 80 Millionen Schilling gibt die Regierung aus, die EU gibt 1 Million Ecu aus, mit besonderer Widmung für Österreich, weil wir angeblich so widerspenstig sind und eine so große Skepsis in der österreichischen Bevölkerung herrscht –, dann ist das nicht jenes Bild, das man uns versprochen hat.

Ich darf doch darauf verweisen, daß selbst der Präsident der Europäischen Kommission Santer sehr selbstkritisch in einem Interview mit österreichischen Zeitungen, aber auch in einem Fernsehinterview vor wenigen Wochen gesagt hat: Die Europäer können mit der Maastricht-EU nichts anfangen. – Genau das ist der Punkt! Denn, meine Damen und Herren, wir können ein Europa, zu dem wir Freiheitlichen uns bekennen, das ein Europa des Friedens und der Sicherheit sein soll, nicht aufbauen, wenn es über die Köpfe der Bürger hinweg errichtet wird.

Es wird in der nächsten Zeit eine Menge von Entscheidungen geben, wo es notwendig sein wird, deutlich zu machen, daß die Bürger Europas selbstverständlich ein Mitgestaltungs- und Mitentscheidungsrecht haben müssen und daß es nicht angeht, daß die Bürokratie, die, mächtig angesiedelt, irgendwo in Brüssel hantiert, letztlich über die Leute drüberfahren kann.

Es muß ein Europa sein, das auch zeigt, daß mit Geld umgegangen werden kann. Herr Bunesminister! Ich glaube, es ist wirklich keine positive Vision für die Österreicher – man erklärt sich daraus schon einen gewissen Frust –, wenn man sieht, wie das Europaparlament zwischen Brüssel und Straßburg hin- und herübersiedelt. Weil man sich nicht einigen kann, wo der Sitz des Europaparlaments ist, baut man in Brüssel ein neues Parlament mit Aufwendungen in Milliardenhöhe, baut man in Straßburg ein neues Parlament mit Aufwendungen in Milliardenhöhe. Und die Europaparlamentarier siedeln wochenweise mit ihrer ganzen Bürokratie, mit Aktenschränken, mit Eisenkoffern hin und her. Ja, es wird sogar ein eigener Zug zwischen Brüssel und Straßburg eingerichtet, um die Administration des Europaparlamentes hin- und herzutransportieren. In einer Zeit, in der den Behinderten in Österreich ihr Taschengeld halbiert wird, weil angeblich kein Geld da ist, da spielt Österreich mit, daß ein solcher milliardenschwerer Unsinn tagtäglich innerhalb der europäischen Institutionen gemacht wird. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Murauer: Ganz furchtbar ist das!)

Selbstverständlich, meine Herren, ist das fürchterlich, wenn es solch milliardenschwere Investitionen für zwei an sich nicht notwendige parlamentarische Gebäude gibt. Das ist genau die Überheblichkeit, mit der Sie über die Köpfe der Österreicher drüberfahren. Das ist der Frust, den die Menschen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich zitiere Ihnen einen konservativen Denker. Leopold Khor wird so gerne von der ÖVP zitiert. Leopold Khor hat gesagt: Die Sünde der modernen europäischen Politik besteht darin, daß sie sich dem Lawinengeist verpflichtet fühlt. – Lawinengeist heißt, daß man glaubt, große Fehler mit immer größeren organisatorischen Maßnahmen bewältigen zu müssen.

Heute gilt in der Wirtschaft die Dezentralisation – im politischen institutionellen Leben Europas jedoch gilt die Zentralisation, die große Lösung, die immer größere Lösung. Und daher ist es schon notwendig, daß wir uns darüber unterhalten, wie denn die zukünftige Perspektive dieses Europas ausschauen soll. Ich bin sicherlich mit vielen von Ihnen auch einer Meinung, daß wir ein dezentrales Europa haben wollen, daß wir ein föderalistisches Europa haben wollen, daß wir ein bürgernahes Europa haben wollen. Nur muß man etwas dafür tun. Man kann nicht nur sa


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