Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 226

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gen: Ja, wir wollen das!, sondern man muß sich auch dafür einsetzen, daß diese europäischen Institutionen föderalisiert werden, daß es eine Subsidiarität gibt, die auch funktioniert. Aber es geht nicht an, daß wir weiterhin einen Moloch aufbauen, der in Brüssel entsteht, den wir nicht mehr dirigieren können.

Ein erster Schritt in diese Richtung, meine Damen und Herren, auch Sie von der ÖVP, wäre doch der, daß man sagt: Überlegen wir doch einmal, was aus dieser Europäischen Kommission werden soll. Wollen wir wirklich eine Europäische Kommission, die schön langsam zur europäischen Regierung heranwachsen soll? Sollte nicht eigentlich im Zuge der Regierungskonferenz auch darüber geredet werden, ob nicht die Kompetenzen der Kommission zurechtgestutzt und das wirkliche Regierungsorgan, der Europäische Rat aufgewertet werden sollte. Denn im Europäischen Rat sitzen die Minister, in diesem sind die demokratisch legitimierten Organe tätig. Sie sollen entscheiden – nicht das Hilfsorgan Kommission soll sich quasi als die nichtdemokratisch legitimierte europäische Zentralregierung aufspielen können, wogegen man überhaupt nichts tun kann, wo man keinen Einfluß nehmen kann. Vielmehr fährt sie über die Leute drüber und trifft ihre Entscheidungen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dasselbe gilt auch für die Frage: Europaparlament – nationale Parlamente. Ich hielte sehr viel davon, wenn wir uns stärker dem Gedanken widmen würden, daß in der zukünftigen politischen Entwicklung auch die nationalen Parlamente mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten haben, als dies vorgesehen ist. Wir können nicht ein Abbild der nationalen Parlamente auf gesamteuropäischer Ebene institutionalisieren. Das ist sicherlich falsch. Und daher wäre es auch richtig, in dieser Richtung vorzugehen.

Ich sage das deshalb, weil wir Österreicher durch den EU-Beitritt letztlich gesehen haben, daß es gut ist, wenn wir uns unsere Mitspracherechte sichern – auch die, die wir in Österreich haben. Denn es werden auch jene – Herr Dr. Mock wird mir auch dabei zustimmen –, die begeistert dafür gekämpft haben, daß wir möglichst rasch beitreten, zugeben müssen, daß die Warnungen von uns Freiheitlichen, man sollte die Hausaufgaben gründlich erledigen, bevor man diesen Schritt macht, zu Recht bestanden haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sind dafür geprügelt worden, meine Damen und Herren, man hat gesagt, die Freiheitlichen sind gegen Europa, sie lehnen alles ab, sie sagen zu allem nein. Das, was wir gesagt haben, war: Es ist notwendig, diesen Beitritt so vorzubereiten, daß Österreich unter dem Strich mehr Vorteile als Nachteile hat. Schauen Sie sich die Bilanz des ersten Jahres an! Selbst Medien, die sehr für den EU-Beitritt geworben haben, äußern sich heute negativ. Etwa die "Salzburger Nachrichten", schreiben heute: EU-Beitritt brachte Lebensmittelindustrie Umsatzeinbruch und Arbeitsplatzverlust von Tausenden Arbeitsplätzen – von Tausenden, nicht von ein paar hundert, von Tausenden Arbeitsplätzen, meine Damen und Herren!

Es hat Minister gegeben, die gesagt haben: Wir werden Vorsorge treffen, es wird ein "Eurofit-Programm" geben. Die Lebensmittelindustrie wird sozusagen im "Fitneßstudio" der Republik Österreich für den Wettbewerb in Europa fit gemacht werden.

In Wirklichkeit laufen diese Programm bis heute nicht. Bis heute weigern sich einzelne Bundesländer, daran teilzunehmen oder eine Kofinanzierung zu geben. Das gefährdet Tausende Arbeitsplätze. Das hat dazu geführt, daß im vergangenen Jahr über 3 000 Arbeitsplätze allein in der Lebensmittelindustrie verlorengegangen sind. Und wenn in der Lebensmittelindustrie viele Arbeitsplätze verlorengehen, gibt es weniger Aufträge für die Zulieferindustrie, etwa für die Glasindustrie und vieles andere, das damit zusammenhängt. – Das haben wir gemeint mit nicht ordnungsgemäßer Vorbereitung, Lösung der Hausaufgaben.

Oder: die Frage Semperit: Jetzt gibt es einen Krisengipfel nach dem anderen, Petitionen an die Konzernleitung, in denen gesagt wird: Bitte, erhaltet den Standort Semperit! – Aber vor dem 12. Juni hat man so getan, als wäre das alles geklärt. Sie selbst, Herr Vizekanzler, haben sich hier vor das Parlament gestellt und gesagt: Ich war in Japan, ich war bei der EU, und ich habe geklärt, daß die Firma Semperit auch weiterhin im Autozuliefergeschäft mit Japan voll liefern kann. – Vor dem EU-Beitritt hat Semperit 2,6 Millionen Reifen nach Japan geliefert, jetzt sind es


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