Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 228

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und es muß weiterhin eine harte Währung sein, damit die Österreicher die Gewißheit haben, daß sie nicht zum Zeitpunkt der Währungsumstellung, dann, wenn sie etwa ein Sparguthaben haben, auf einmal 20 Prozent weniger Vermögen besitzen, weil man einen kleinen Abstrich gemacht und eine weichere Währung erzeugt hat. Das darf also nicht passieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bevor all diese Dinge kommen, wird es notwendig sein, meine Damen und Herren, daß uns diese Regierung erklärt, welche Rolle die Entwicklung der Beschäftigung und der Arbeitslosigkeit in Europa bei der Bewertung der Kriterien für die Europäische Währungsunion spielt. Sie selbst als Sozialdemokraten haben große Versprechungen gemacht, Sie werden sich dafür einsetzen, daß das Kriterium der Beschäftigung mit ein Faktor bei der Bildung der Europäischen Währungsunion ist. – Gut, das haben Sie also versprochen. – Dann fährt Herr Klima nach Brüssel, kommt zurück und sagt: Ohne Wenn und Aber sind wir dabei, die Arbeitslosigkeit spielt bei der Bewertung der Kriterien für die Währungsunion keine Rolle.

Der Herr Vranitzky sagte am 27. März im "Standard": Die Formulierung im Vertrag von Maastricht erfordere jedoch keine exakte Einhaltung der Limits zu öffentlichen Schulden und Staatsdefizit, sondern lasse durchaus eine vorübergehende Überschreitung zu. – Na genau das ist es! "Vorübergehende Überschreitung" heißt, man macht die Tore auf für eine weiche Währung, und eine weiche Währung heißt, daß die Österreicher mit einer Abwertung ihrer Vermögenswerte konfrontiert sind. – Und da werden Sie auf unseren erbitterten Widerstand stoßen, das kann ich Ihnen garantieren (Beifall bei den Freiheitlichen), denn die österreichische Bevölkerung hat schon oft genug unter Währungsabwertungen, unter Währungsverlusten, unter Vermögensverfall gelitten. Ja wollen Sie den Österreichern das wieder zumuten?

Wie schaut das Konzept der Währungsunion wirklich aus? – So faszinierend die Grundidee klingt, aber die technische Vorbereitung stimmt im Moment überhaupt nicht, sonst würden sich nicht Leute wie Bundesbankdirektor Issing in einem Vortrag in Wien so kritisch damit auseinandersetzen. Auch Herr Kollege Van der Bellen war bei diesem Vortrag und hat wörtlich gesagt: Der Maastricht-Vertrag ist sowieso ein Holler. Issing, einer der führenden Leute der Deutschen Bundesbank, sagt selbst: Viel zu optimistisch waren und sind die Annahmen über die Einsparungen an Transaktionskosten bei der Einführung der Währungsunion. Issing sagte weiters in seinem Vortrag: Viel zu optimistisch sind aber auch die Erwartungshaltungen, was die vermeidbaren Kosten der Umstellung betrifft. Das kostet uns viel mehr, als die Vorteile ausmachen werden. – Und darüber wird man nachdenken müssen, ob man, nur um die politische Einigung Europas zu beschleunigen, dieser Europäischen Gemeinschaft einen ökonomischen Zwang antut.

Normalerweise ist die gemeinsame Währung der Schlußpunkt eines Integrationsprozesses. Und so lange die Volkswirtschaften nicht harmonisiert sind, kann es natürlich auch zu keiner wirklich funktionierenden gemeinsamen Währung kommen.

Ich warne vor einem, nämlich daß damit ein politischer Gewaltakt zusammenhängen könnte. Meine Damen und Herren! Wenn wir uns entschließen, eine gemeinsame Währung für Europa auch durch Aufgabe des österreichischen Schillings zu akzeptieren, dann begeben wir uns in Zukunft der Möglichkeiten einer eigenen österreichischen Wirtschafts- und Finanzpolitik. Das muß uns klar sein.

Und wenn wir keine Wirtschafts- und Finanzpolitik mehr machen können, dann werden wir auch nicht mehr in der Lage sein, hier in Österreich selbständig den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit durch autonome Maßnahmen des Staates, der öffentlichen Aufträge, der Gestaltung unserer Währung und so weiter zu verfügen. Dann haben wir nur mehr die Möglichkeit, dort, wo wir Wettbewerbsnachteile haben, Lohnkürzungen zu verordnen oder Arbeitslosigkeit zu akzeptieren. Das ist in Wirklichkeit der Sündenfall, den die Sozialdemokratie heute begeht, indem sie das erkennt, aber gleichzeitig sagt: Im Sinne der Musterschülerrolle, die Österreich in der EU spielen wird, sagen wir trotzdem wieder, ohne Wenn und Aber hinein in die Währungsunion, auch wenn das bedeutet, daß dann, wenn wir keine wirtschaftspolitischen Möglichkeiten mehr haben, die einzige Gestaltungsmöglichkeit Lohnverzicht oder Arbeitslosigkeit ist,


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