Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 231

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Meine Damen und Herren! Die multinationalen Konzerne und Großkonzerne sind jene, die heimatlos sind: Die sind heute da und produzieren morgen dort. Da gilt der Mensch als Produktionsfaktor. Da gibt es keine Bindung mehr an die Heimat. Das ist auch etwas, was man mitberücksichtigen sollte. Die österreichischen Betriebe, der gewerbliche Mittelstand sind heimatgebunden, die bleiben hier. Sie sind auch bereit, Arbeitsplätze zusätzlich zu schaffen, wenn wir die Rahmenbedingungen verbessern. – Davon ist aber derzeit nicht die Rede. Und das ist das, was auch die Menschen letztlich immer wieder in Sorge und Unruhe versetzt.

Herr Bundesminister! Im Zuge dieser EU-Erweiterungspläne gibt es auch Gespräche mit Slowenien. Ich habe schon einmal eingemahnt, daß man den Slowenen klarmachen soll: Wenn sie in eine Gemeinschaft wie die Europäische Gemeinschaft kommen wollen, die sozusagen auch durch bestimmte Wertvorstellungen miteinander verbunden ist – Wertvorstellungen der Demokratie, Wertvorstellungen der Menschenrechte, Wertvorstellungen der Marktwirtschaft und des privaten Eigentums –, dann wäre es wohl notwendig, daß auch die slowenische Regierung vor einem EU-Beitritt, der von Österreich unterstützt wird, bereit ist, die diskriminierenden Gesetze von Jajce aufzuheben, durch die – und heute noch immer – die Altösterreicher in Slowenien diskriminiert und quasi zu vogelfreien Menschen erklärt wurden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Sie haben mir einmal in einer Anfragebeantwortung gesagt, man werde darüber Einzelgespräche führen; das könne man nicht im Rahmen der EU machen. – Für diese Haltung gibt es bei mir kein Verständnis. Wenn wir in dieser Gemeinschaft sind, wenn dort jemand ansucht, dann soll er sich auch an die Spielregeln der Demokratie und der Menschenrechte halten. Dann kann es doch bitte nicht so sein, daß die Partisanengesetze Titos aus dem Jahr 1943, die jeden Österreicher, der dort beheimatet war, für vogelfrei erklärt haben, 1996 noch immer in Kraft sind, während Kroatien und andere Staaten diese Gesetze sofort aufgehoben haben, um sich in die demokratischen Gemeinschaften einzugliedern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist unser Appell an Sie! Es kann nicht so sein, daß der Bundeskanzler zur slowenischen Regierung fährt und dem Ministerpräsidenten versichert, daß Österreich unterstützend tätig sein wird, während auf der anderen Seite die Italiener sehr wohl wissen, daß sie – auch unter Ausnutzung ihrer EU-Funktionen – ihre offenen Probleme mit Slowenien regeln werden. Frau Agnelli hat ganz klar gemacht, daß es so lange keine wirklichen Integrationsschritte Sloweniens in Richtung EU geben kann, bevor das historische Problem zwischen Italien und Slowenien nicht geklärt ist. – Und ich meine, das ist auch richtig.

Auch Sie haben diesbezüglich eine Verantwortung, denn es leben im Raum Marburg, in der ehemaligen Untersteiermark, heute noch etliche tausend Altösterreicher mit ihren Familien, die sich auch dazu bekennen. Meine Damen und Herren! Wir haben auch eine moralische Verantwortung für diese Altösterreicher, und es wäre daher nur recht und billig, wenn jene, die ständig von den Menschenrechten und der Demokratie reden, auch bei den Verhandlungen mit Slowenien einmal den Mut aufbrächten, unverblümt zu sagen: Wir erwarten, daß dann, wenn Österreich zu einem Beitritt Sloweniens ja sagen soll, vorerst diese diskriminierenden, diesen fürchterlichen Gesetze aufgehoben werden, damit es eine geordnete, offene Gesprächsbasis zu einem möglichen neuen EU-Mitgliedsland geben kann. Das ist die Erwartungshaltung, die wir haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube also, daß wir uns in einem Prozeß befinden, bei dem nicht alle sofort alle Konzepte auf den Tisch legen und sagen können, wir wissen, wie es hundertprozentig gehen wird. Und ich habe daher hier einige Fragen gestellt, weil wir Freiheitlichen da auch in diesem Denk- und Diskussionsprozeß sind, bei dem wir nicht den Fehler machen wollen, zu sagen: Wir wissen hundertprozentig wie es geht, daher darf es keine Abweichungen von unseren Vorstellungen geben. Das tun wir nicht, aber wir haben Zielvorgaben, und diese Zielvorgaben heißen: Ein Europa, zu dem die österreichische Bevölkerung in einem beachtlichen Ausmaß ja gesagt hat, ist nun ein Europa, das wir zu gestalten haben, auch wenn wir Freiheitlichen bei der Abstimmung einen anderen Standpunkt eingenommen haben. Aber es ist selbstverständlich, daß wir das Ergebnis respektieren und daß wir nun unseren Beitrag leisten, um das Beste daraus zu machen, was die Österreicher entschieden haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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