Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 232

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Es ist selbstverständlich, daß die Philosophie, die dahintersteht, nur jene sein kann, daß wir ein Europa der Vaterländer haben wollen, daß wir ein Europa haben wollen, in dem die Nationalstaaten, so auch Österreich, nicht untergehen, sondern eine wichtige Rolle spielen. Das heißt, die Frage der Subsidiarität, die Frage der Dezentralisierung, die Frage des Föderalismus wird eine sehr wesentliche sein. Aber insbesondere wird die Frage der Mitbestimmung der Völker Europas in diesen Zukunftsfragen eine wesentliche sein.

Daher auch der Appell in Sachen Währungsunion, mit der Bevölkerung die Entscheidung herbeizuführen – und nicht gegen die Bevölkerung. Man kann sagen, das ist alles mit der Abstimmung am 12. Juni 1994 erledigt worden. Das glauben Sie aber selbst nicht. (Abg. Mag. Stadler: Das waren die gegenteiligen Versprechungen!) Diese Dimension, was da alles mit hinein verpackt worden ist, kann man dem Bürger wirklich nicht unterstellen. Aber es wäre notwendig, wie das auch Frankreich, wie das auch Dänemark getan hat, bei so wichtigen Schritten, wie es die Aufgabe des Schillings ist, selbstverständlich eine klare Entscheidung der österreichischen Bevölkerung herbeizuführen. Dann gibt es eine breite, offene Diskussion, dann gibt es die Verpflichtung der Regierung, ein schlüssiges Konzept auf den Tisch zu legen, und dann gibt es die Sicherheit für die Bevölkerung, sagen zu können: Jawohl, wir haben uns aus freien Stücken entschieden, diesen oder jenen Weg zu gehen.

Ich glaube jedoch, es wäre falsch, jetzt zu sagen, das habt ihr alles am 12. Juni schon entschieden, damit habt ihr euer Recht verloren, ihr habt nicht mehr mitzureden, und in Zukunft entscheiden nur noch einige Minister in Österreich und einige Bürokraten in Brüssel, was mit eurem Schilling, euren Sparguthaben, eurer Währung geschehen wird. – Das ist nicht das Europa, das wir haben wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher unser Appell, meine Damen und Herren: Helfen Sie mit, daß dieser Diskussionsprozeß ein solcher sein wird, in dem Offenheit, Bürgernähe, so wie es Santer jetzt selbst propagiert, stärker zum Grundprinzip der europäischen Einigung gemacht wird. Dann ist das auch ein Weg, den wir unterstützen können. – Alles andere wird mit unserem massiven Widerstand ausgestattet sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Mock. Er hat das Wort.

9.37

Abgeordneter Dr. Alois Mock (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn wir das wichtige Thema der österreichischen Politik im Bereich Europas im Dialog abhandeln wollen, wie das immer verlangt wird, dann, glaube ich, sollten wir das in differenzierter Weise machen.

Kollege Haider, um auf einige Ihrer Argumente einzugehen: Sie haben gesagt, die Bürokratie in Brüssel wachse ständig; wir müssen dezentralisieren, denn das ist unzumutbar für den Bürger. – Fünf Minuten später sagten Sie: Sozialpolitik, Arbeitsmarktpolitik muß in Brüssel ausgemacht werden. Schauen wir uns an, was wir tun. (Abg. Dr. Haider: Das habe ich wirklich nicht gesagt! – Abg. Mag. Stadler: Das stimmt nicht! In Österreich soll das geschehen!) Wenn es so gesagt wurde, wird man das im Protokoll nachlesen können. Das liegt auf der gleichen Linie was Sie draußen oft gesagt haben (Abg. Dr. Haider: Da haben Sie mich mißverstanden!), das wurde von Gegnern forciert: Endlich muß die EU im ehemaligen Jugoslawien Ordnung machen! Sie ist schwach, sie macht keine Ordnung. Gleichzeitig hat man gewarnt, daß die EU irgendeine zusätzliche politische Kompetenz bekommt. Die EU konnte nicht einmal einen Polizisten hinunterschicken, wie kann sie Ordnung machen? Man kann nicht auf der einen Seite die Schwäche einer Organisation, einer politischen Architektur kritisieren, die langsam aufbaut, langsam wächst, weil sie demokratisch wächst, und gleichzeitig von ihr verlangen, daß sie überall dort Ordnung macht, wo die anderen versagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Warum ist es so, daß die Öffentlichkeit so skeptisch gegenüber politischen Aussagen im allgemeinen ist? Die Neigung im Regierungsbereich ist oft so, alles zu loben, was man macht und die Schwächen nicht zu sehen. In der Opposition ist es üblich, alles niederzumachen, was die Regierung macht. Das ist ein Stil, der demokratiepolitisch abzulehnen ist.


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