Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 242

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Im Mittelpunkt unserer Kritik steht, daß Sie, was die Regierungskonferenz betrifft, in wesentlichen Punkten keine gefestigte, keine einheitliche Linie haben. Ich beziehe mich ausdrücklich nochmals auf die Sicherheitspolitik. Es ist ein Jammer, daß Österreich in dieser entscheidenden und vielleicht lebenswichtigen Frage keine wirklich konsequente Politik betreibt. Es ist einfach so, daß Sie – vor allem Ihr Koalitionspartner SPÖ – die Neutralität nach wie vor in den Mittelpunkt stellen oder als Ausgangspunkt der Sicherheitspolitik auf europäischer Ebene betrachten. Das ist kontraproduktiv, denn wir müssen wissen, daß mit dem Beitritt zur Europäischen Union international jedenfalls keinerlei Glaubwürdigkeit für eine dauernde Neutralität aufrechterhaltbar ist. Das muß man einmal zur Kenntnis nehmen, und daraus muß man auch die sicherheitspolitischen Konsequenzen ziehen.

Zweiter Punkt: Was mir in der österreichischen Positionierung zuwenig herauskommt, wäre eine konsequente Vertretung der Menschen- und Grundrechte. Ich meine, daß der eigene Grundrechtskatalog der Europäischen Union das entscheidende Ziel wäre. Die EMRK ist mir da zu wenig. Vor allem wäre in diesem Zusammenhang auch bezüglich der Grundrechte der Volksgruppen ein rechtlicher Rahmen auf europäischer Ebene zu schaffen. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Herr Kollege, genau das vertrete ich ja!)

Ja, ich finde das nur nicht in den Papieren Ihres Amtes bezüglich der Regierungserklärung. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Es ist eine Wortmeldung gewesen! Es steht in dem Zeitplan!) Ja, ist ja schön, aber Sie allein sind nicht die Bundesregierung; ich rede ja von der gesamten Regierung. (Abg. Mag. Barmüller: Bitte keine Zwischenrufe von meiner Redezeit! – Heiterkeit.)

Sie, Herr Vizekanzler, haben eine Meinung, ich habe eine Meinung; das ist Ihnen unbenommen. Das Entscheidende ist, daß ja die Gesamtregierung die Positionierung vornehmen soll. Es steht ja vieles drinnen, das mir gefällt, es ist ja gar nicht so.

Dritter Punkt: der Bereich EU-Ausweitung. (Abg. Dr. Khol: Solidarität mit Barmüller! – Abg. Dr. Fuhrmann: Der Barmüller beschwert sich schon!) Ja, ja, ist schon recht. Laß das nicht deine Sorge sein, sondern das ist unsere. (Abg. Tichy-Schreder: Er glaubt es nicht! Wir sind nur der Vermittler!)

Dritter Punkt: EU-Ausweitung. (Abg. Koppler: Das ist euer Problem!) Und vor allem, wenn du dauernd dazwischenredest, dauert es noch länger! (Heiterkeit.) – Entscheidend ist die Ausweitung und Vertiefung der EU, meine Damen und Herren. Es kann nur konsequent beides geschehen. Dabei ist mir auch wichtig, klarzustellen, daß wir für den Weg von Entscheidungen durch Mehrheitsbildungen in der Europäischen Union sind. Wir erachten es als positiv, nicht zuletzt, weil uns Europaparlamentarier hier bei Enqueten im Parlament gesagt haben, daß dadurch ein Argumentationszwang zwischen den Ländern entsteht – statt dem Vetorecht, das eigentlich nur ein "Njet" bedeutet.

Letzter Punkt, der mir wichtig ist, Herr Bundesminister: die konsequente Weiterverfolgung der Grund-, Freiheits- und Demokratierechte im Zusammenhang mit der EU-Ausweitung. Es ist einfach nicht hinzunehmen, daß in Ländern wie der Slowakei, aber auch in Kroatien demokratische Wahlen von den politisch Mächtigen nicht zur Kenntnis genommen werden – wie es im Fall der Slowakei war, wo seitens der Mächtigen versucht wurde, gewählten Abgeordneten nachträglich ihre Mandate abzuerkennen, oder wie im Fall Kroatien, wo vom Präsidenten hinsichtlich der Wahl in der Hauptstadt dieses Landes versucht wird, ein anderes Ergebnis herauskommen zu lassen, als der Wähler entschieden hat.

Ganz wichtig scheint mir zu sein, daß der Europarat, aber auch die Europäische Union in diesen Dingen ganz konsequent dafür sorgen, daß diese Länder mit europäischen Maßstäben gemessen werden – aber nicht, weil wir Oberlehrer sein wollen, sondern einfach deshalb, weil das zum europäischen Normalstandard werden soll. Das ist der Hauptwert der Europäischen Union: nicht nur die Friedenssicherung, sondern diese gemeinsame Wertbasis auf dem Boden von Grundrechten in Form der parlamentarischen Demokratie und als Sicherheitsgemeinschaft.


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