Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 246

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aus eigenem Wollen, aus eigener Kraft all das an Kriterien erfüllt, was als demokratische Einstufung und Menschenrechte vom Europarat angesehen wird. Also man wartet nicht auf die eigene, selbsttätige Entwicklung eines neuen Staates, sondern ab einem bestimmten Standard hilft man mit, übt Druck aus, damit innerhalb einer bestimmten Frist, in der sich dieser Staat schon im Europarat befindet, dieses dann gemeinsam erreicht wird. (Abg. Dr. Khol: Gilt das auch für Kroatien? Weil die Frage der Unterschiede der Standards ...!) Ich komme gleich auf diese Frage zurück.

Also es soll mit der Demokratie in diesen Staaten so sein, wie es dem Fischer mit der Lorelei ging: Halb zog es ihn hin, halb sank er hin. – So soll sich das entwickeln, und ich halte diese Vorgangsweise für eine gute Überlegung. Kollege Khol! Wenn man das ernst meint und den "Fehler Rußland" nicht mit einem weiteren Fehler ausgleichen will, sondern sich zur neuen Vorgangsweise bekennt, dann hat die logische Konsequenz zu sein, auch bei Jugoslawien, auch bei Kroatien für die Aufnahme zu sein und dafür Bedingungen zu stellen. – Deshalb habe ich das auch gestern schon so für die Sozialisten im Europarat vertreten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Nur eines wird nicht gehen, nämlich daß wir diesen neuen Weg wählen und uns dann der Mut verläßt, wenn diese begleitende Kontrolle oder die Sanktionen stattfinden müssen. (Abg. Dr. Khol: Gegenüber Rußland! Gegenüber Rußland und Kroatien!) Das ist meine Sorge. Man hat nicht einmal jetzt den Mut, da in Albanien ein undemokratisches Wahlgesetz beschlossen wurde, man traut es sich nicht, dem Ministerkomitee des Europarates, Herr Bundesminister, zu sagen, obwohl in Moldawien die Gefahr besteht, daß es einen Präsidenten-Putsch gibt. Man hat nicht einmal den Mut, dieses neue gescheite Verfahren auch dafür zu nutzen, um einem Staat zu sagen: Bis hierher, aber nicht weiter! Erfülle das, was du versprochen hast! – Man hat bei Albanien und Moldawien nicht den Mut, und jeder fragt sich, ob man ihn dann bei Rußland haben wird, wenn man schon bei kleineren Staaten nicht den Mut hat.

Deshalb kann die Lösung nur der ehrliche, aber schwierige Weg sein: Weitertun mit dieser Politik des – ich möchte es fast so sagen – Demokratie-Enforcements im Europarat durch Neuaufnahmen, aber gleichzeitig kritische Hilfe, laufende Beobachtung und Maßnahmen, wenn jemand das nicht erfüllt was er versprochen hat, auch wenn es ein Nachbarland ist, wie etwa die Slowakei, denn diesbezüglich gibt es auch noch eine offene Frage.

Es ist unser Ersuchen, es ist unsere Forderung als Parlamentarier auch an die Regierungen, nicht wegen des guten Gesprächsklimas im Ministerkomitee, Herr Minister, nicht deshalb, weil ein Botschafter dem anderen nicht weh tun will und weil man das gute Klima nicht zerstören will, darauf zu verzichten, einem anderen Staat die Wahrheit zu sagen, wenn er gegen Grundsätze des Europarates verstößt. Das gilt für die Türkei, das gilt für viele kleine Staaten, das gilt auch vielleicht eines Tages für langjährige Mitglieder, und es muß auch für Rußland gelten.

Denn eine Politik, auch im internationalen Bereich, wird in Zukunft nicht mehr von geheimen Absichten der Diplomatie getragen sein können, sondern nur von dem offenen, durchschaubaren, transparenten Bemühen, seine Grundsätze und Ziele mit legitimen Mitteln durchzusetzen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als nächste Frau Abgeordnete Kammerlander. – Bitte sehr.

10.47

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister Dr. Schüssel, Sie sind nun etwa seit einem Jahr im Amt. Es läßt sich feststellen, daß Sie bei Ihrem Amtsantritt aufhorchen ließen mit einer Kurskorrektur in der österreichischen Außenpolitik, als es um die Bewertung der Ereignisse in unserem Nachbarland, in Exjugoslawien, ging, als es auch um die Bewertung der kroatischen Regierung in bestimmten Fragen der Demokratie und der Menschenrechte ging, aber auch als es um die Bewertung ging, wie in internationalen Vertretungen und Organisationen mit dem Problem der möglichen Anerkennung Restjugoslawiens umgegangen werden soll.


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