Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 248

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Ich bin froh über die Worte Ihres Vorgängers, denn er hat wenigstens eine klare Meinung positioniert. Sie ist nicht meine Meinung, aber es ist eine klare Haltung, eine klare Meinung, wenn er sagt: Beitritt zur NATO, Beitritt zur Westeuropäischen Union, und erwarten wir uns doch nicht, daß wir ein neues Gebilde konstruieren werden, wo es schon so viele gibt. – Sie könnten auch jene Haltung vertreten, die manche Kolleginnen und Kollegen von den Sozialdemokraten einnehmen, die sagen, die OSZE ist eine wichtige Organisation, diese gilt es aufzuwerten. – Aber es gibt keine klare Antwort Ihrerseits, Herr Minister, zu diesen Fragen.

Da möchte ich schon noch auf das eingehen, was Kollege Mock in seinen Ausführungen gesagt hat. Wenn Sie sagen, man sollte nicht auf die alten Politikmuster zurückgreifen, so habe ich das im Zusammenhang mit Ihrer Rede so verstanden, daß Sie damit gemeint haben, man sollte nicht an der Neutralität festhalten, denn sie ist ein altes Politikmuster und hat sich überholt. – Das war zumindest mein Verständnis, das ich im Zusammenhang mit Ihrer Rede gewonnen habe.

Ich kann Ihnen zur Antwort geben, daß es aber auch alte Politikmuster sind, immer an militärischen Lösungsvorschlägen und an militärischen Strategien festzuhalten. Da würde ich dann so ganz allgemein auch meinen, man soll an diesen alten Politikmustern nicht festhalten. (Abg. Dr. Mock: Richtig!)

Wenn Sie, Herr Dr. Mock, sagen, es sei eine Illusion, daß nur mit Diplomatie Konflikte gelöst werden, dann meine ich, das ist richtig, wenn man die Diplomatie in dem Moment einsetzt, in dem die Katastrophe schon eingetreten ist. Sie haben das Beispiel Srbrenica gebracht. Wenn man aber die Diplomatie viel früher ansetzt, bereits dann, wenn es um vorbeugende Maßnahmen, um Überlegungen, um politische Entscheidungen geht, also schon lange vor einer Katastrophe, dann könnte das sehr wohl auch zur Lösung von Konflikten führen.

Zeigen Sie mir aber nur einen Fall auf, nur einen einzigen Fall, wo militärisches Eingreifen zu Lösungen geführt hat. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Balkan!) Militärisches Eingreifen hat auch am Balkan zu keinen Lösungen geführt. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Sicher!) Es gibt zurzeit zwar einen Waffenstillstand, aber es gibt keine Lösung des politischen Problems. Es gibt einen Vertrag, und wir lesen jetzt fast täglich in den Zeitungen, wie schwierig es ist, diesen Vertrag einzuhalten.

Was bei Maßnahmen natürlich nicht berücksichtigt werden kann – und die Maßnahme war richtig, einen Waffenstillstand herbeizuführen –, ist, daß damit die Probleme noch nicht aus der Welt geschafft sind, und zwar die Probleme, die beim Zusammenleben nach diesem entsetzlichen Krieg entstehen, der dort geführt wurde.

Jeder Kenner, jede Kennerin dieses Gebietes haben vorhersagen können, daß es nicht so sein wird, daß die serbische Bevölkerung die Moslems zurückkehren läßt, daß es nicht so sein wird, daß selbst die Kroaten und die Moslems wieder friedlich zusammenwohnen. Jeder profunder Kenner, jede profunde Kennerin der Situation vor Ort haben gesagt: Machen Sie sich keine zu großen Hoffnungen und hegen Sie keine zu großen Erwartungen, daß mit dem Waffenstillstand und mit dem Abkommen von Dayton das Problem gelöst ist. Noch dazu ist nach wie vor die Frage völlig ungeklärt, ob der Aufenthalt der IFOR-Truppen auf dieses Jahr begrenzt bleibt oder nicht. Was wird danach sein?

Wir haben ja im Ausschuß auch über die grundsätzliche Haltung diskutiert, die Österreich einnimmt, wenn es um präventive beziehungsweise demokratieaufbauende Maßnahmen geht. Aber wenn es dann um die Kosten der Durchführung der Wahlen in Bosnien geht, sind wir plötzlich auf Spenden angewiesen. (Abg. Dr. Mock: Stärkere präventive Aktionen! Nur muß man wissen, daß wir in einer Zeit leben, in der letztlich Mittel der Macht notwendig sind! Das letzte Mittel soll es sein!) Das ist richtig, Herr Kollege.

Was mich nachdenklich stimmt, ist, daß im Laufe der Geschichte öfters das Mittel der militärischen Macht ausprobiert wurde, und zwar in den verschiedensten Varianten und Variationen, aber nur ganz selten das Mittel der Prävention. Das verleitet natürlich dann zum Schluß, zu sagen: Es gibt Erfahrungswerte, und zwar sehr breit angelegte Erfahrungswerte, was die


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