Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 249

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

sogenannte militärische Lösung betrifft, aber es gibt kaum Erfahrungswerte, was die Prävention betrifft.

Ich meine – damit will ich jetzt wieder zur GASP, also zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, zurückkommen –, das ist eine gute Gelegenheit, zu betonen, es gilt, diese Erfahrungen der Prävention endlich einmal abzusichern und zu sagen: Zuerst und primär muß es um die Prävention gehen, um alle Maßnahmen, die nicht militärischer Natur sind. Die Ultima ratio können militärische Mittel sein.

Ich habe die Vision – ich habe noch Visionen –, daß das eine Übergangsphase sein soll. Nach meiner Vision sollte es irgendwann möglich sein, Konflikte auf der Ebene des politischen Parketts zu lösen. Man sollte zumindest einmal auf der Ebene der Europäischen Union beginnen, zu sagen, wir können auf militärische Mittel verzichten. Ich vermisse allerdings diese Prioritätensetzung. Ich vermisse sie in den Ausführungen der Bundesregierung zur Regierungskonferenz, und ich vermisse, daß diese klare Haltung von der österreichischen Bundesregierung generell zu Fragen der Sicherheitspolitik eingenommen wird.

Was sind die Bedrohungsszenarien für die Länder Europas? – Als Bedrohungsszenarien werden hier immer wieder aufgezählt: Rußland, der fernere Osten, der Nahe Osten. Ich weiß nicht, wie weit Ihre Vorstellung von Bedrohungsszenarien geht. Aber was ist das, was diese Länder, die Länder des früheren Ostens, brauchen? Was ist das, was Rußland braucht?

Rußland steht vor massiven sozialen, wirtschaftlichen und demokratischen Problemen. In diesem Fall muß die Europäische Union eine andere Antwort finden, als dem Aufbau eines militärischen Apparats den Vorrang zu geben.

Selbst wenn es um die Bedrohung im Nahen Osten geht, selbst wenn es um die Bedrohung, wie es viele sehen, durch den Fundamentalismus geht, selbst wenn es um die Bedrohung geht, die im Mittelmeerraum insgesamt vorhanden ist, so meine ich doch, daß man auf diese Bedrohungen nicht primär und in erster Linie mit militärischen Mitteln antworten kann, sondern daß mit politischen Mitteln zu antworten ist, und zwar mit einer breiten Palette von Möglichkeiten und Angeboten zu Friedensgesprächen. Gerade die jüngste Situation im Nahen Osten hat gezeigt, daß es nur mit Hilfe der Diplomatie möglich ist, Aggressionen und Übergriffe zum Stillstand zu bringen, und zwar was beide Streitteile betrifft. (Beifall bei den Grünen. – Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

In diesem Zusammenhang halte ich es für wichtig, daß sich Österreich gerade aufgrund seiner historischen und auch kulturellen Situation – gerade in der Außenpolitik ist es wichtig, den Zusammenhang zu sehen und einen Konnex zur eigenen Geschichte, zur eigenen Kultur herzustellen – intensiver mit den Rändern Europas befaßt, und zwar mit den ganz sensiblen Rändern Europas. Ein solches Randgebiet ist das gesamte Gebiet der früheren Sowjetunion, auch das heutige Rußland.

Zwar nicht von Österreich, aber von der Europäischen Union wurde – wenn man das mit Aufmerksamkeit verfolgt hat, konnte man das erkennen – darauf Bedacht genommen, indem jetzt sehr wohl Gespräche geführt werden und zur Kenntnis genommen wird, daß eine NATO-Osterweiterung ohne Einbeziehung Rußlands in diese Fragen, ohne das Einholen der russischen Position ein äußerst gefährliches Projekt gewesen wäre. Das haben wir hier schon vor einem Jahr gefordert. Ich meine, es wäre eine ehrenvolle Aufgabe Österreichs gewesen, gerade aufgrund des historischen und kulturellen Kontexts, diese Initiativen massiv voranzutreiben, anstatt darauf zu warten, was die Europäische Union, der "große Bruder", das "große Dach", unter dem man sich jetzt geborgen fühlt, in Zukunft macht.

Ein anderer solcher Bereich, der am Rande Europas liegt, ist die Türkei, ein Land, das zu Europa gehört, das aber an alle Krisenherde, kann man sagen, des Nahen Ostens, an alle Krisenherde des Ostens überhaupt angrenzt. Es hat eine Reihe von Nachbarländern, wo undemokratische Zustände bis Kriegszustände herrschen, es ist ein Land, das mit dem Fundamentalismus konfrontiert ist, es ist ein Land, das allerdings auch eine sehr bedeutende Geschichte hat und die europäische Geschichte in sehr bedeutender Weise mitgeprägt hat.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite