Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 301

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Solche Frohbotschaften bekommen wir ja eigentlich täglich zu hören. Ich habe heute und gestern aus dem Mund der Bundesregierung gehört, es wird jetzt wieder investiert werden – die Zinssätze sind gesunken. Ich sage Ihnen: Investiert wird aufgrund von langfristigen Zinssätzen und nicht aufgrund von kurzfristigen. Damit können Sie bestenfalls Autoimporte und Autokäufe erreichen. Wir haben heute bereits die meisten Autokäufe nach dem Zweiten Weltkrieg zur Kenntnis genommen; dadurch wird unser Leistungsbilanzdefizit höchstens noch größer, aber nicht kleiner.

Investiert, meine Damen und Herren, wird auch heute aus dem Cash-flow der Unternehmungen, weil sie viel zuviel Angst haben, neue langfristige Verbindlichkeiten einzugehen. Aber der Herr Bundeskanzler, der ja lange genug ein hervorragender Bankdirektor war, wollte uns das nicht dazusagen, als er gestern darüber berichtete.

Auch der Wirtschaftssprecher der Grünen, Van der Bellen, hat heute gemeint, man würde eben das Pferd von der falschen Seite her aufzäumen und den Binnenmarkt mit der Brechstange Euro erreichen, anstatt den Binnenmarkt vorher herzustellen und dann den Euro einzuführen, als logische Konsequenz dazu.

Ich glaube, daß wir gut beraten sind, wenn wir zur Kenntnis nehmen, daß die Entwicklung der Zahl der Industriebeschäftigten der letzten neun Jahre ständig rückläufig war. Dieser Rücklauf der Industriebeschäftigtenzahlen wird heuer mit weiteren 5 Prozent minus einen neuen Höhepunkt erreichen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das sind die "Frohbotschaften", die vielleicht noch dadurch ergänzt werden, daß Sie in den Frühnachrichten von Landeshauptmann Pröll hören, daß die Arbeitsplätze bei Semperit erhalten werden können. Ich empfehle Ihnen, die "WirtschaftsWoche" von morgen zu lesen. Da steht nämlich drinnen, was passiert und was nach Aachen verlagert wird.

Es sind dies Dinge, die wir Ihnen schon lange zu erklären versuchen. Es sind eben die Rahmenbedingungen dafür nicht gegeben, und Ideen wie jene des Herrn Landeshauptmannes Pröll kommen vielleicht aus der Tintenburg St. Pölten, von Bürokraten, aber nicht von dort, wo das wahre Geschäft gemacht wird, nicht von dort, wo die wahren Umsätze gemacht werden, nicht von dort, wo die Investitionsentscheidungen getroffen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Wo machen Sie Ihre Umsätze, Herr Prinzhorn?)

Die Garantien der Arbeitsplätze, meine Damen und Herren, haben so lange Beine wie die Garantien der Pensionen vom 17. Dezember. Es gibt keine Wertsicherung der Pensionen, sondern man wird den Realpensionsverlust einfach hinnehmen müssen, so wie wir den Verlust von Arbeitsplätzen in den letzten Jahren hinnehmen mußten, weil wir keine neuen geschaffen haben. Und darin, glaube ich, liegt unser Problem.

Wie Ihr Abgeordneter Nowotny richtig sagt – und ich muß sagen, er ist ein ehrlicher, rechtschaffener Mensch –: Seit 1980 ist die Zahl der Arbeitsplätze in der öffentlichen Verwaltung um 44 Prozent gestiegen. Wir haben 44 Prozent mehr Beamte, die mit dieser Gesetzesflut und mit diesem Chaos fertig werden müssen, meine Damen und Herren.

Und wenn wir von Deregulierung reden, wie das Ihr Herr Minister Weiss, Ihr Herr Minister Löschnak und Dr. Neisser getan haben, dann kann ich Ihnen nur sagen: Genausowenig, wie vom 17. Jänner 1987 bis heute bezüglich der Umstrukturierung des Budgets und der Rahmenbedingungen für die österreichische Wirtschaft geschehen ist, ist auch da geschehen. Die Gesetzesflut nimmt ein horrendes Ausmaß an, und von Gesetzesbereinigung kann nicht die Rede sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Während wir uns mit hausgemachten Problemen herumschlagen, schreitet die Umstrukturierung weltweit fort, und während die Geschwindigkeit der Veränderung ständig zunimmt, verharren wir in Nabelbeschau und denken über den Tellerrand nicht hinaus. Glauben Sie mir: Mich als Unternehmer freut das überhaupt nicht!


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite