Die Natur, die Kultur, die Umweltqualität, die Sicherheit: All das spricht für den Tourismusstandort Österreich. Nur: Die Rahmenbedingungen, Herr Wirtschaftsminister, die Sie der Tourismusbranche vorsetzen, werden entscheiden, wie viele dieser Marktchancen, die ich aufgezählt habe, wir nutzen können und in welchem Grade wir diese ausschöpfen können.
Wenn wie bisher außer schönen Worten, außer Realitätsverweigerung nichts geschieht, prognostiziere ich Ihnen für das Jahr 2000 nicht mehr 117 Millionen Nächtigungen, wie im Jahre 1995, sondern nur mehr rund 100 Millionen Nächtigungen, nicht mehr 1,2 Millionen Betten, wie im Jahr 1995, sondern nur mehr zirka 800 000 Betten, nicht mehr einen Anteil von 6,5 Prozent am Bruttoinlandsprodukt, sondern nur mehr einen solchen von 5 Prozent, nicht mehr 165 000 Beschäftigte, sondern nur mehr 150 000 Beschäftigte.
Selbst mit diesen Zahlen bleibt Österreich noch im Spitzenfeld der gesamteuropäischen touristischen Entwicklung. Aber, Herr Wirtschaftsminister, Sie begeben sich einer ganz großen Marktchance und auch der Möglichkeit, die Leistungsbilanz zu sanieren. Professionelle Regionen, professionelle Orte, professionelle Betriebe werden diesen Verdrängungswettbewerb überleben. Sie, Herr Wirtschaftsminister, müssen aber gemeinsam mit Ihren Landesräten in den Bundesländern eine Antwort auf die regionalpolitischen Probleme finden. Es gibt nun einmal gewisse Gegenden in unserem schönen Österreich, wo man außer vom Tourismus von gar nichts leben kann: Entweder fließt das Geld der Gäste an die dortigen Seeufer oder in die Täler, oder die Menschen werden dort absiedeln. Die Konkurrenzfähigkeit des Tourismusstandortes Österreich steht also auf dem Prüfstand.
Wenige Punkte dazu, was Sie tun müßten.
Herr Wirtschaftsminister! Sie müssen verstehen, daß das indirekte Steuerniveau in Österreich für eine Branche, die mit Inklusivpreisen arbeitet, selbstverständlich ein Wettbewerbsnachteil ist. Die Schweiz, die noch gröbere touristische Probleme als Österreich hat – sie hat eine ganz ähnliche Situation –, senkt die Mehrwertsteuer auf Logis von 6,5 Prozent auf 3 Prozent. Ab Oktober 1996 oder ab 1. Jänner 1997 wird daher der Schweizer Hotelier allein aus Gründen der Mehrwertsteuer um 7 Prozent preiswerter anbieten können als sein österreichischer Kollege. Diese Mehrwertsteuersenkung von 10 auf 5 Prozent im Logisbereich, die ich schon mehrmals als Ausgleich für die Hartwährungspolitik für die Tourismuswirtschaft vorgeschlagen habe, würde den Staat 2 Milliarden Schilling kosten. Die Gegenrechnung habe ich mir schon mehrfach aufzutun erlaubt.
Bei der Getränkesteuer handelt es sich um genau dasselbe Problem: Es wird die Wettbewerbsfähigkeit bei den Nebenkosten der österreichischen Tourismuswirtschaft schlechter, wenn die Kumulation von Getränkesteuer und Mehrwertsteuer auf ein normales Getränk an die 15 bis 20 Prozent Wettbewerbsnachteil ergibt.
Die zweite Maßnahme, die notwendig ist, um die Konkurrenzfähigkeit des Tourismusstandortes Österreich zu erhöhen, betrifft alle anderen Punkte, die ich vorhin angezogen habe. Der Tourismus ist ein Wirtschaftszweig wie jeder andere – mit einem einzigen Unterschied: daß der Gast, der in unser Land kommt, von Beherbergungsbetrieben, von Regionen, von Orten beworben wird und seine direkte touristische Kaufkraft direkt in allen Branchen ausgibt. Es gibt keinen Wirtschaftszweig, an dem alle Branchen unseres Landes nicht nur am indirekten Kaufkraftfluß, am Multiplikatoreffekt, sondern auch am direkten Kaufkraftfluß partizipieren.
Dritte Forderung: Herr Bundesminister! Wir Österreicher waren gescheit und großzügig genug, unseren kroatischen Nachbarn zum Wiederaufbau ihres Tourismus einen Masterplan zu finanzieren. Ich glaube, dieser Masterplan ist sogar eine der 81 Studien, die wir gestern abend diskutiert haben. Ich glaube, sie haben das mitfinanziert. Es gibt aber keinen touristischen Masterplan für Österreich. Der Tourismus in Österreich ist wie die Schwammerl im Walde gewachsen, er ist Landessache, jeder kocht seine eigene Suppe, am Wolfgangsee ist es einmal das Land Salzburg, einmal das Land Oberösterreich, und überall muß es ein bißchen anders sein: ein anderes Tourismusgesetz, andere Vorschriften.