leugnen, daß sich auch Österreich momentan in einer sensiblen Situation befindet, doch in einer Zeit, in der alle Länder Europas ihre Budgets gleichzeitig sanieren wollen, kann man auch von unserer Wirtschaft nicht die Machbarkeit des Unmöglichen erwarten.
Es gibt ja logischerweise verschiedene Interpretationen der derzeitigen Situation und der Entwicklung innerhalb der nächsten Monate. Ich möchte – damit es nicht heißt, ich maße mir hier an, ein Urteil über die verschiedenen Interpretationen abzugeben – einen Chefkommentator eines Industriemagazins zitieren, weil einige Passagen unsere Situation wirklichkeitsgetreu widerspiegeln.
Besagter Kommentator schreibt: Die Industrie produziere unintelligente Produkte. Für Forschung und Entwicklung sei zuwenig Geld da – das haben wir alles heute gehört. Die Sozialpartnerschaft sei ein hoffnungslos verkrustetes System. Die restriktive Gewerbeordnung behindere die Gründung von Unternehmen, und so weiter.
Er schreibt dann weiter: Das alles mag zum Teil stimmen. Aber könnte es nicht sein, daß wir uns alle in diesem Land in eine kollektive Unzufriedenheit hineinreden und als Journalisten hineinschreiben, eine Unzufriedenheit, die jede positive Aktivität lähmt, die potentielle Unternehmensgründer und ausländische Investoren verschreckt?
Der Kommentator kommt dann zu dem Schluß, daß durch die alles beherrschende Nörgelei und Jammerei die positiven Ereignisse in unserer Wirtschaft gar nicht mehr wahrgenommen werden, sodaß eine Stimmung entsteht, die letztlich in Form einer selbsterfüllenden Prophezeiung zu einer Spirale nach unten führt.
Ich habe das gestern im Zuge der Debatte zur Dringlichen der Kollegen von der Freiheitlichen Partei gesagt, und dieser Kommentator schreibt das eigentlich ähnlich: Man kann durch Gesundbeten keine Wirtschaftskrise verhindern. Man kann aber durch Krankjammern eine solche wahrlich produzieren.
Meine Damen und Herren! Dies schreibt ein unabhängiger Journalist in einem der Sozialdemokratischen Partei sicher nicht nahestehenden Magazin.
Wie sieht es nun tatsächlich aus? – Es würde zu weit führen, wenn ich die gesamte Situation erörtern würde. Ich möchte sie anhand eines Beispiels transparent machen. Seit gestern sind uns die Berichte und Studien der Oesterreichischen Nationalbank zugänglich. Wichtiges Thema: Außenhandel. Ergebnis – wir haben aufgrund der organisatorischen Umstellungen im Zuge der EU-Mitgliedschaft vorerst nur die statistischen Zahlen des ersten Halbjahres 1995 –: Die Warenexporte sind in den ersten sechs Monaten um 13 Prozent, die Warenimporte um 3 Prozent gewachsen. Die vorhandenen Daten deuten darauf hin, daß Österreich die Exportchancen im EU-Raum gut genutzt haben dürfte, sodaß das Handelsbilanzdefizit gegenüber der EU nicht weiter zunahm. Importe aus Osteuropa sind erheblich gestiegen. Ähnliches mehr ist hier zu lesen.
Das heißt, die Gesamtsituation eines der wichtigsten Teile unserer Wirtschaft stimmt, funktioniert, und man kann mit Fug und Recht sagen, daß sich der österreichische Außenhandel viel vitaler präsentiert, als er mancherorts gesehen wird. Trotzdem merke ich kritisch an: Die Exportquote – und ich befinde mich da durchaus auf einer Meinungsebene mit unserem Regierungschef –, gemessen in Prozenten am Bruttoinlandsprodukt, erreichte im erfolgreichen Exportjahr 1995 23,8 Prozent. Diese gilt es zu steigern, und daher begrüßen wir die Exportoffensive der Regierung. Das ist eine jener Maßnahmen, die unbedingt rasch realisiert werden müssen.
Was ist unserer Meinung nach noch notwendig, um dieser Geißel der Beschäftigungslosigkeit, die in Westeuropa grassiert, erfolgreich begegnen zu können? – Ein weites Programm ist notwendig; das steht außer Diskussion. Wichtig ist aber eines – diesbezüglich wurde ich schon mehrfach angesprochen –: Es darf nicht immer nur geredet werden, sondern wir müssen – und wir Sozialdemokraten haben das vor – jetzt folgendes unternehmen: Binnen Jahresfrist muß diese Gewerbeordnung radikal geändert werden, es muß der Zugang zur Gewerbetätigkeit