Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 388

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Grund dafür, für diese Verteilung, ist die unterschiedliche Bildungsbeteiligung der Kinder je nach Einkommenshöhe. Das ist der Befund.

Jetzt stellt sich die Frage: Wo liegen die Ursachen dafür? – Wir müssen nämlich erkennen, daß es dafür im wesentlichen drei Ursachen gibt.

Das erste ist, daß die Zuweisung der Bildungswege zu früh, nämlich mit dem zehnten Lebensjahr erfolgt und daß die Alternative dazu nur die gemeinsame Mittelstufe sein kann. Zum zweiten sind Übertritte und Brücken noch nicht in ausreichendem Maße vorhanden, und zum dritten bedarf es noch Verbesserungen, was das Nachholen von Bildung zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich als Erwachsener, anlangt.

Zum ersten Punkt möchte ich nur als Anstoß eine Studie von Fritz Bauer, Ortwin Wingert und Wolf Schlöglmann nennen, die aufgrund einer Analyse der Schülerströme zu dem Ergebnis kommen, daß die Hauptschule eigentlich die Gesamtschule auf dem Land ist und die AHS-Unterstufe bereits eine gemeinsame Gesamtschule in städtischen Ballungszentren darstellt. Worum es in nächster Zeit gehen muß, ist, das in den gesetzlichen Rahmenbedingungen entsprechend anzuerkennen, wobei uns die Praxis schon längst überholt hat. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

Es war von Effizienz und Gerechtigkeit die Rede. Das führt mich zu einem weiteren Reformbereich, nämlich jenem der Leistungsbeurteilung. Effizienz heißt nämlich auch, anders mit der Zeit von Schülern, mit der Zeit junger Menschen umzugehen. Und das heißt auch umgekehrt, daß wir die Regeln für das Wiederholen von Schulstufen reformieren müssen. Dazu möchte ich ein sehr konkretes Beispiel nennen, aus dem Sie die Situation ableiten können, nämlich das Beispiel unserer eigenen Arbeit als Abgeordnete hier im Haus.

Wir haben beispielsweise im Unterrichtsausschuß vor, im heurigen Jahr das Landeslehrer-Dienstrecht, die Behindertenintegration, die Reform der neunten Schulstufe und, wenn möglich, auch erste Schritte zu einer Lehrplanreform mit einer verstärkten Berufsorientierung zu erledigen. Das ist die Aufgabe, die wir uns für heuer gestellt haben. Nehmen wir an, es gelingt uns alles, nur, die Reform des Polytechnischen Lehrganges spießt sich, das geht leider nicht, wir schaffen keinen Beschluß. Daraufhin sagt dann der Herr Präsident Fischer zu uns: Tut mir leid, liebe Abgeordnete, eine wichtige Aufgabe habt ihr nicht erledigt, Nicht genügend, alles noch einmal zurück an den Start, alle Gesetze noch einmal von vorne, vom Ausschuß bis ins Plenum!

Daran sieht man, wie absurd dieses System ist; Aufgrund einer einzigen nicht gelösten Aufgabe muß auch alles andere noch einmal erledigt werden! Was wir aber für unsere Arbeit selbstverständlich als absurd ansehen, ist in der Schule Realität in Form dieses Beurteilungs- und Wiederholungssystems. Wir sehen daraus, daß Schule das Lernen nicht als einen Prozeß des Voranschreitens begreift, in dem man viele Schritte bewältigen muß, sondern als eine Art Rallye, als ein Etappenrennen. Wer am Abend diese Etappe nicht erreicht hat, fliegt aus dem Rennen hinaus, und das ist in den meisten Fällen auch das, was tatsächlich nach einmal Wiederholen passiert.

Dieses Bild mißfällt einfach vielen, die pädagogisch denken, und ich bin sehr zuversichtlich, daß wir in den nächsten Monaten – gerade nach den Ankündigungen der Frau Ministerin – zu Lösungen kommen werden, um die wir seit Jahren – bisher vergeblich – gerungen haben.

Eine Aufgabe der nächsten Zeit ist auch, Arbeit für jene zu schaffen, die für pädagogische Berufe ausgebildet sind. Die Altersstruktur der Lehrer, die ich im Detail darlegen könnte, zeigt jedenfalls, daß es in den nächsten fünf bis acht Jahren wenig neue Arbeitsplätze geben wird, daß wir aber in etwa acht bis neun Jahren wieder einen erhöhten Bedarf an Lehrern haben werden.

Was kann in dieser Situation getan werden? Erstens müssen die Chancen für die Lehrer im Bereich der EU verbessert werden, indem ihre Ausbildung auch europaweit anerkannt wird. Diesbezüglich sind noch Verhandlungen zu führen. Zweitens muß man alternative Arbeitszeitformen entwickeln beziehungsweise solche zulassen, die die Lehrer wünschen und die ihre


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