Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 392

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Regierungskoalition bis jetzt nichts Überzeugendes einfallen lassen, und das wird das Klima an den Schulen – das ich versucht habe, als wesentlich dafür zu beschreiben, daß Bildungsentwicklung stattfinden kann – nicht gerade verbessern.

Nächster Punkt – etwas Positives, Frau Ministerin! –: Ich rechne es Ihnen positiv an, daß Sie zum ersten Mal die Frage des Sitzenbleibens thematisiert haben, die ja ein rotes Tuch für die konservative Schulpolitik war! Daran durfte man ja bisher nicht rühren. Sie haben es thematisiert; ich finde das positiv, auch wenn es noch unzureichend ist. Tatsache ist: Wir geben Milliarden für das Sitzenbleiben aus, wir geben Milliarden für die Kompensation der Maßnahmen gegen das Sitzenbleiben aus, und Tatsache ist, daß das bei allen Diskussionen über Einsparungen im Bildungsbereich kein Thema ist. Da wird nicht die Notwendigkeit gesehen, einsparen zu müssen, obwohl es ein wichtiger Punkt ist. Sie haben das jetzt zum ersten Mal thematisiert und einige andere Bildungspolitiker auch. Das ist ein Fortschritt, auch wenn er noch viel zuwenig weit geht. Diese Frage müßte viel stärker und viel deutlicher im Zentrum stehen, weil sie ja auch auf ein riesiges Defizit im Bildungsbereich, das wir zu bewältigen haben, hindeutet. Das hängt natürlich eng mit dem Notensystem zusammen. Da kommen dann wieder die Blockaden der Konservativen.

Inzwischen kann sogar in der Schweiz ernsthaft darüber diskutiert werden, Frau Ministerin, und werden in der Schweiz ernsthafte Schulreformversuche unternommen, bei denen es nicht nur um die Abschaffung des Systems der Ziffernbenotung geht, sondern auch um ganz moderne Konzepte der Selbstbeurteilung! Das finde ich phänomenal, daß das ausgerechnet aus der Schweiz kommt, während in Österreich diese Debatte nicht einmal geführt werden kann, weil da bei etlichen konservativen Bildungspolitikern sofort alle Scheuklappen herunterrasseln würden.

Frau Ministerin! Seien Sie auch in dieser Frage mutig! Gehen Sie einmal einen neuen Weg, und geben Sie einem so konsequenten und engagierten Menschen wie Herrn Vierlinger Gelegenheit, seine Reformvorschläge im Bereich der Benotung zu entwickeln. Das ist positiv, und ich meine, es könnte uns nur weiterbringen. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Frau Ministerin! Sie haben in dieser Debatte um die Reform der Schulen in den letzten Wochen davon gesprochen, daß Schule in Zukunft als Unternehmen zu verstehen und aufzufassen sein sollte. Diesen Standpunkt, Frau Ministerin, teile ich nicht. Ich halte ihn für einen extrem problematischen Standpunkt, weil er von der Vorstellung ausgeht, daß der Bildungssektor marktähnlich organisiert werden kann. Wenn man diesen Weg geht, Frau Ministerin, und wenn man das für richtig hält, den Bildungssektor so zu organisieren, dann muß man explizit auch sehen, daß es in einer solchen marktartigen Organisation des Bildungssektors – weil der Markt das verlangt – eben bessere und schlechtere Anbieter geben muß – das ist die Voraussetzung eines Marktes. Ein Markt, der sozusagen gleiche Bedingungen für alle hätte – gleich gute Schulen, gleich gute Lehrer –, würde nicht funktionieren. Markt setzt Bessere und Schlechtere voraus. Ich halte das für ein extrem problematisches Konzept für den Bildungsbereich. Ich glaube nicht, daß das ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Ich glaube auch nicht, daß das, was bisher darunter verstanden und angedeutet wurde, ein Schritt in eine Richtung ist, die Sinn macht. Sie haben ja bisher nur einzelne Teilaspekte vorgestellt, zum Beispiel, daß Werbung an den Schulen und in Schulbüchern erlaubt werden soll. Das schien Ihnen bis jetzt ein wichtiger Punkt zu sein. Ich glaube, man sollte ernsthaft darüber nachdenken, ob das wirklich ein guter und ein richtiger Schritt ist, wenn man beispielsweise weiß, daß in Schweden Schulbücher schon zu 50 Prozent – zu 50 Prozent! – aus bezahlten Einschaltungen von Inserenten bestehen. Na gut, kann man sich denken, was macht das schon? Die Schüler werden ja auch anderweitig mit Werbung konfrontiert, sie sollen lernen, sich damit auseinanderzusetzen. Sie sollen lernen, sich dagegen zu wehren. – Aber, bitte, wo findet diese Auseinandersetzung statt? Wo lernen die Schüler in den Schulen, sich tatsächlich gegen diese Einflüsse zu wehren?

Ich bringe Ihnen ein Beispiel, Frau Ministerin, es steht heute in den Zeitungen. Das hat zwar nichts mit Werbung zu tun, aber sehr wohl mit Beeinflussung an den Schulen. In einer oberösterreichischen Schule, und zwar in Aschach an der Donau, findet seit Jahren die Beeinflussung von Schülern durch Lehrer statt, die einer christlich-fundamentalistischen Sekte angehören


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite