Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 408

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Es hat mich etwas überrascht, daß der Abgeordnete Krüger in seiner ersten Stellungnahme heute versucht hat, sich als marxistischer Theoretiker zu profilieren beziehungsweise die marxistische Diskussion um Antonio Gramsci wieder neu zu erleben. Vielleicht will er einen marxistischen Denkerflügel in der FPÖ aufbauen. Zumindest wäre das überhaupt einmal ein Denkerflügel. Das wäre schon ein Fortschritt. (Beifall bei der SPÖ.) Er muß ja nicht gleich marxistisch sein, aber immerhin könnte er ein wenig zur geistigen Belebung dieser Gruppe beitragen, die hier hängen wie die Lachse, anstatt daß sie jetzt begeistert und freudig meiner Rede zuhören. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Jetzt kommt ein bißchen Stimmung auf, das ist richtig.

Man muß jetzt auch im Detail ein bißchen darauf eingehen. Ich glaube, daß sich der Abgeordnete Krüger in der Tat mit Gramsci auseinandergesetzt hat. Nur zieht er die falschen Schlüsse und will daraus eine Machteroberungsstrategie der FPÖ entwickeln. Daher lohnt es sich, darauf einzugehen.

Gramsci: "Die repressive Hegemonie", "Die geistige Hegemonie". – "Die geistige Hegemonie", das ist weit schwieriger für Sie. Sie haben nämlich da Ansatzpunkte entwickelt, die man nicht unterschätzen soll (Abg. Mag. Trattner: Wann haben Sie eigentlich studiert?) und wo ich glaube, daß Sie wirklich hineingestoßen sind. Wenn man jetzt die geistige Hegemonie betrachtet, und das betrifft Kirche, Schule, Familie, Kultur, Medien, all diese Bereiche: Es ist richtig, daß jene sozialen Gruppen, die Macht ausüben und die Macht aufgrund ökonomischer, politischer und sonstiger Strukturen und geschichtlicher Entwicklungen erobert haben, in diesen Bereichen geistige Hegemonie ausüben.

Es ist aber in einer Demokratie durchaus legitim und üblich, daß es einen demokratischen Wettstreit im Rahmen der geistigen Hegemonie gibt. Aber da verweigern Sie sich, und da machen Sie das Ganze bereits zum Instrument Ihrer Machtergreifungsstrategie, indem Sie sagen: Alle diejenigen, die an der Macht sind, sind prinzipiell a priori einmal Machtmißbrauchmenschen, die die Macht nur mißbrauchen. Da wird mit Kriminalisierungsstrategien gearbeitet, und da versuchen Sie zu denunzieren, da versuchen Sie alles einzusetzen, um die Würde der Repräsentanten zu untergraben. Sie versuchen, alles einzusetzen, um die Glaubwürdigkeit zu zerstören – auch um den Preis, daß das Auswirkungen auf die demokratischen Institutionen und auf die demokratischen Organe dieser Gesellschaft hat.

Ich weiß nicht, ob Ihnen das recht ist, denn dann, wenn es überhaupt nichts mehr gibt, gibt es nichts mehr zu erobern. Daher wäre diese Strategie unlogisch. Aber trotzdem scheinen Sie das zu verfolgen. Aber vielleicht ist es ein Denkfehler, oder Sie haben es nicht zu Ende gedacht; es ist immer schwierig, etwas zu Ende zu denken. Im Endeffekt könnte das natürlich auch eine der Folgewirkungen sein.

Was die repressiven Organe betrifft: Das Verhalten der AUF in der Polizei ist schlicht und einfach das, was Sie den Linken seit Jahrzehnten vorwerfen, nämlich Unterwanderungsstrategie, sonst gar nichts: Hinein in die Wachstuben wie die grauen Mäuse, überall hinein und dort für Unruhe sorgen in den sogenannten – in seiner Diktion jetzt, in seinem Gramscinismus – repressiven Organen des Staates. Man sollte und muß, glaube ich, einmal aufzeigen, was letztendlich dahintersteckt.

Sie reden ständig von linker Kulturhegemonie. Was verstehen Sie eigentlich unter linker Kulturhegemonie? Was verstehen Sie unter – ich sage es jetzt so – sozialdemokratischer Kulturhegemonie? Was ist das? Sagen Sie es, Sie oder irgend jemand anderer Ihrer Epigonen und Nachfahren, die da noch herkommen werden! Was ist das? Welches Menschenbild trennt uns voneinander? Erklären Sie und endlich einmal Ihr "blaues" Menschenbild! Wir wollen das einmal kennenlernen. Wenn man nur den Haider plakatiert oder vielleicht künftig den Schweitzer, der gestern einen intellektuellen Aufschwung gemacht und sich mit Haider auf eine Ebene gestellt hat, dann genügt das nicht. Ich weiß nicht, ob das allein befriedigen wird. Wir wollen wissen, wie Ihr Menschenbild ausschaut!


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