Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 470

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es auf einmal die Rochade, dann sind auf einmal die sogenannten Wirtschaftsexperten gekommen. (Abg. Dr. Nowotny: Ist das etwas Negatives?) Dann waren Sie im Ausschuß, dann war der Abgeordnete Stummvoll im Ausschuß, dann haben die Gesundheitsexperten nichts mehr zu sagen gehabt, dann sind auf einmal die Leute aus diesen Bereichen aus den Ausschüssen hinausgegangen. (Abg. Tichy-Schreder: Warum sind Sie so aggressiv?)

Frau Abgeordnete Tichy-Schreder! Es geht um die Frage: Welches ökologische, welches gesundheitspolitische Risiko muten wir der österreichischen Bevölkerung zu?, und es geht zweitens auch um die Frage – und die ist vor allem für die ÖVP eine wichtige –: Welche Landwirtschaft von morgen wollen wir denn? Wo sehen wir die Zukunft unserer Landwirtschaft? Sehen wir sie im Wettlauf mit den Agroindustrien in Europa oder sehen wir sie im "Feinkostladen" Europas, in einer biologisch orientierten Landwirtschaft, wie sie etwa in dieser Frage von Minister Molterer, von Minister Bartenstein vertreten wird.

Ich bin sehr froh über diese Statements, und ich teile ihre Meinung in dieser Frage. Ich bin froh, daß hier zwei ÖVP-Minister den Mut gefunden haben, an die Öffentlichkeit zu gehen und ihre Meinung zu sagen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube auch, daß das der Erfolgsweg für die österreichische Landwirtschaft und damit für einen wichtigen Zweig der österreichischen Wirtschaft ist. Nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für die Nahrungs- und Genußmittelindustrie ist das der richtige Weg: biologische, naturnahe Lebensmittel zu produzieren und eben auf gentechnische Freisetzungen zu verzichten. Das bedeutet nicht ein komplettes Verbot oder die Abschaffung der Gentechnik, sondern eine politische Diskussion, unter welchen Bedingungen sie stattfinden darf. (Abg. Dr. Nowotny: Da sind wir uns ja schon einig!)

Nein, ich fürchte, wir sind uns nicht einig, Herr Abgeordneter Nowotny! Es macht einen großen Unterschied, ob ich etwa in einem Labor, ob ich in einer pharmazeutischen Fertigung unter sehr streng kontrollierten Bedingungen, die unserer Meinung nach noch strenger sein müßten, die insbesondere noch einer demokratischen Kontrolle, einer Transparenz, eines Einblicks der Öffentlichkeit bedürfen, oder ob ich mit Freisetzungen agiere.

Und, Herr Abgeordneter Nowotny – so wie damals bei der Atomenergie –, es zeigt sich schon heute, daß die Kritikerinnen und Kritiker recht behalten. Bisher waren die Prognosen hinsichtlich der Freisetzungsexperimente falsch. Wir wissen etwa vom Raps, daß die Annahmen über den Pollenflug falsch waren. Wir wissen heute – und das belegt mit naturwissenschaftlichen Studien –, daß die Pollen weiter fliegen, und wir wissen, daß die Annahmen, daß diese gentechnisch veränderten Pflanzen unfruchtbar seien, falsch waren. Es haben Auskreuzungsprozesse stattgefunden, und wir können für die Zukunft annehmen, daß die verschiedenen Firmen, die mit verschiedenen Herbizid- und Pestizidresistenzen agieren, Kreuzresistenzen produzieren werden, deren ökologische Gefahren wir überhaupt nicht abschätzen können.

Es geht, wie gesagt, um die Frage der Einschränkung der ökologischen Risken, und es geht auch noch um die Frage: Was ist eine sozial und eine ökologisch vertretbare Forschung und Produktion? Und da, Herr Abgeordneter Nowotny und Frau Bundesministerin, geht es um die Frage: Brauchen wir Konsumentinnen und Konsumenten, braucht die österreichische Landwirtschaft herbizidresistente Pflanzen? Die Antwort ist ein klares Nein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Diese Pflanzen werden sich verheerend auswirken. Sie werden die Landwirtinnen und Landwirte in verstärkte Abhängigkeiten bringen, und sie werden vor allem die ökonomischen Interessen der Dritten Welt noch weiter schmälern.

Derzeit erleben wir Gott sei Dank einen Boom der biologischen Landwirtschaft in Österreich. Wenn Österreich in diese gentechnischen Freisetzungsexperimente einsteigt, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis dieser Boom beendet ist und bis ein Rückschlag kommt in die andere, die industrielle, die denaturierte Seite der Landwirtschaft und der agrarischen Produktion. Das ist eine Seite, in der die österreichischen Produzentinnen und Produzenten chancenlos sein


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