Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 517

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Es gibt heute nur noch ein einziges Land in der Europäischen Union, das alle Konvergenzkriterien von Maastricht erfüllt, und das ist das kleinste Land, nämlich Luxemburg. Es gibt eine Anzahl von Ländern in der Europäischen Union, die keines der Konvergenzkriterien erfüllen, Länder wie Griechenland, Spanien, Portugal, Schweden und natürlich Italien. Und da bin ich schon sehr gespannt darauf, wie weit der Bogen gespannt werden soll im Rahmen einer Europäischen Währungsunion, wenn nicht einmal das Gründungsmitglied Italien in der Lage ist, die Konvergenzkriterien zu erfüllen. Ich bin gespannt darauf, ob es dann wirklich finanzpolitische Überlegungen geben wird, eine Währungsunion zu erreichen, oder ob es diesbezüglich nur mehr politische Überlegungen gibt. Denn es wird sicherlich nicht angehen, daß ein Gründungsland wie Italien nicht an einer gemeinsamen Währung teilnimmt. Wie will man das machen?

Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sie hatten die Möglichkeit, durch strukturelle Änderungen Maßnahmen zu setzen, um auch für die Jahre danach ein Budget zu erstellen, das den Kriterien gerecht wird. Sie haben diese Möglichkeit nicht wahrgenommen. Die Bevölkerung hat in der Größenordnung von 75 Prozent die Bereitschaft gezeigt, daß sie bereit wäre, Sparmaßnahmen hinzunehmen, sie hat gezeigt, daß man bereit ist, sich einzuschränken, aber die Bevölkerung ist nicht bereit, daß nur sie zur Kasse gebeten wird, während alle anderen, diejenigen nämlich, die in den geschützten Bereichen sitzen, ungeschoren davonkommen. Das geht einfach nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Finanzminister! Es ist mir schon klar: Wenn der Herr Bundeskanzler oder Sie an die Interessenvertretungen Briefe schreiben mit dem Inhalt, man solle auch dort strukturelle Maßnahmen setzen – Briefe an die Bundeswirtschaftskammer oder Briefe an die Oesterreichische Nationalbank beispielsweise –, dann erhalten Sie geharnischte Rückantworten dergestalt, daß man dort gar nicht bereit ist, irgend etwas zu tun. Aber Sie hätten auch die Möglichkeit gehabt, von sich aus Maßnahmen zu setzen, die die anderen in Zugzwang gebracht hätten. Das hätte beispielsweise in der Form geschehen können, daß man die Pensionsrücklagen bei der Nationalbank in de Größenordnung von 23 Milliarden Schilling auflöst und diesen Betrag dem allgemeinen Pensionskassensystem zuführt. Das wäre eine Möglichkeit gewesen.

Man kann sicherlich nicht alles von heute auf morgen machen, aber Sie hätten die Möglichkeit gehabt, strukturelle Maßnahmen zu setzen; Sie haben es aber nicht getan.

Mit dieser Budgetpolitik werden Sie die Maastricht-Kriterien nicht erreichen. Sie werden sie deshalb nicht erreichen, weil Österreich zum Unterschied von Italien bei den Konvergenzkriterien gerade im Bereich der Staatsverschuldung genau den umgekehrten Weg geht. Italien erreicht zwar die Konvergenzkriterien von der Staatsverschuldung her nicht, aber Italien ist auf dem besten Weg, die Konvergenzkriterien zu erreichen, das heißt, die Kurve Staatsverschuldung geht nach unten. Herr Finanzminister! Die Kurve unserer Staatsverschuldung geht leider genau den entgegengesetzten Weg, sie geht nämlich nach oben.

Auch Deutschland kann heute diesbezüglich nichts mehr tun. Früher hat sie noch offene Briefe an die italienische Regierung geschickt, man solle doch die Budgetpolitik so ansetzen, daß die Maastricht-Kriterien erreicht werden. Deutschland kämpft heute bereits selbst mit einem Maßnahmenpaket in der Größenordnung von 350 Milliarden Schilling. Auch dort wird also die Bevölkerung belastet, um die Maastricht-Kriterien zu erreichen, aber auch dort ist die gesamte Finanz- und Steuerpolitik mittlerweile nur mehr ein Stückwerk. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber es geht ja nicht darum, daß Sie dann dann einfach sagen: Naja, wir sind auch kein Land der Seligen, wir können keine autonome Finanz- und Wirtschaftspolitik machen. – Herr Finanzminister! Grundsätzlich haben Sie einen Fehler gemacht bei dieser Budgeterstellung, und zwar den Fehler, daß Sie abgegangen sind von dem, was Sie vor den Wahlen versprochen haben, nämlich eine ausgabenseitige Budgetpolitik durchzuführen. Sie haben es sich nämlich leichter gemacht und haben keine ausgabenseitige Budgetpolitik gemacht, sondern wollen eine einnahmenseitige Budgetsanierung durchführen. Und wenn wir uns die Zahlen anschauen: Das Verhältnis zwischen einnahmen- und ausgabenseitiger Budgetsanierung ist nicht 1 : 2, sondern genau umgekehrt: 2 : 1 – leider zugunsten einer einnahmenseitigen Budgetsanierung.


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