Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 525

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Denkmalschutz. – Ja, Herr Bundesminister, die Botschaft hör’ ich wohl, aber erstens schwebt über dem Ganzen der Schutzengel des Denkmalschutzes, zweitens heißt Sanierung unter Umständen auch teilweiser Abbruch. Solche Steuergesetze sind Lenkungsgesetze. Es gibt in der Geschichte ein sehr interessantes Beispiel, Herr Bundesminister: Als man sich eines Tages um eine neue Steuerfindung bemüht hat, ist man draufgekommen, die Dachflächen wären ein ideales, gerechtes Maß für das Einheben von Steuern auf Gebäude. Die Folge davon war, daß alle Gebäude, die nicht mehr wirklich in Betrieb waren, wie beispielsweise unsere mittelalterlichen Burgen, seinerzeit abgedeckt wurden und heute Ruinen sind und verfallen. Nur ein paar hartnäckige "Querulanten" haben ihre Burgen nicht abgedeckt, und diese stehen heute noch.

Wir sind heute aus kulturhistorischen Gründen teilweise betrübt darüber, daß viel alte Bausubstanz durch eine Dachsteuer, die eben einen unerwarteten Lenkungseffekt hatte, verschwunden ist. Wenn Sie sagen: Althaussanierung: ja!, Abreißen und Neubauten: nein!, dann muß ich sagen: Das ist nicht mein Zugang zur Wohnbaupolitik. Ich bin zwar der Meinung, Herr Bundesminister, daß es richtig ist, daß man möglichst viel alte Substanz erhält, zumal sie häufig bauphysikalisch viel besser ist als das, was heute neu gebaut wird, das ist richtig, nur: Wenn teilweise etwas abgerissen und neu gebaut werden muß, heißt das ja noch nicht, daß das sozial unverträglich ist. Das würde in Ihrer Welt bedeuten: Neubau ist auf jeden Fall sozial unverträglich! Das ist nicht unser Zugang zum Wohnbau! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir sind nämlich der Meinung, daß dann, wenn es gelingen würde, mehr Dynamik in den Wohnungsbereich hineinzubringen, wenn es gelingen würde, in einer zehnjährigen Übergangsperiode von einer Überregulierung des Wohnungsmarktes zu einem marktmäßigen Mechanismus zu kommen, plötzlich Wohnraum in Neubauten auch für sozial Schwächere erschwinglich wäre, wenn Sie das mit einer individuellen Stützung, die Wohnbaubeihilfe heißt, also mit Subjekt- und nicht Objektförderung kombinieren. Aber das ist eine längere Geschichte, und es wäre notwendig, uns einmal darüber zu unterhalten, welche Struktrurreformen wirklich notwendig sind. Ich habe aber nicht das Gefühl, daß die heutige Debatte am letzten Tag der Behandlung der Bundesvoranschläge geeignet ist, die in den letzten zehn Jahren versäumte Strukturdiskussion jetzt nachzuholen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber ich würde mich freuen, wenn der Schock, unter dem jetzt offenbar viele stehen, vielleicht ein heilsamer ist und auslöst, daß wir wenigstens von Montag an mit einer Strukturdiskussion beginnen. Daß aller Voraussicht nach heute am Abend diese Bundesvoranschläge beschlossen sein werden, heißt ja nicht, daß wir wirklich über den Berg sind. Nicht einmal Sie, die Sie das vorgelegt haben und der Meinung sind, das sei eine gute Vorlage, können irgend jemandem einreden wollen, daß das jetzt alles war. Das ist bestenfalls der Beginn. Wir sagen: ein mißlungener Beginn! Sie sagen: ein gelungener Beginn! Aber das heißt in beiden Fällen: Jetzt geht die Arbeit erst los, jetzt fängt es erst an! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Dabei wird es darauf ankommen, einen breiten Konsens zu finden, dabei wird es darauf ankommen, uns bewußt zu machen, daß wir darauf achtgeben müssen, daß die Solidarität in dieser Gesellschaft nicht zerbricht, das heißt, daß die Leute das Vertrauen in die Maßnahmen, die getroffen werden, nicht verlieren, daß sie nicht verzagen, daß sie optimistisch bleiben. Das ist eine gemeinsame Aufgabe, die ich weit über die Fraktionsgrenzen hinaus sehe. Aber das bedeutet, daß wir uns aufrichtig damit auseinandersetzen. Da sind zum Beispiel die vielen rückwirkenden Elemente, die in den letzten Tagen schon mehrmals kritisiert wurden, keine Hilfe. Rückwirkende Gesetze bedeuten immer Vertrauensverlust bei den Rechtsunterworfenen.

Zur Frage, ob das jetzt dann verfassungsmäßig hält. – Sie haben es abgesichert durch Zweidrittelbestimmungen, aber ob das ohne solche gehalten hätte oder nicht, das ist interessant für Juristen und für uns Liberale ein wichtiger Aspekt. Aber für jene Menschen, die sich nicht im Detail mit solchen Dingen beschäftigen, die nur die Effekte erleben, ist es eine schwere Erschütterung ihres Vertrauens in die Rechtsordnung. Das Funktionieren einer Rechtsordnung ist aber darauf angewiesen, daß die Menschen in sie Vertrauen haben (Beifall beim Liberalen Forum), daß sie sozusagen freiwillig und eben aus dem Gefühl heraus, es ist sinnvoll, dieser Rechtsordnung folgen und nicht nur deswegen, weil sie sonst bestraft würden. Wenn eine


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