Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 54

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fen worden wären, sondern daß allein im Landwirtschafts- und Gewerbebereich rund 150 000 Arbeitsplätze bei Realisierung dieses Modells verschwunden wären. – 1994!

Das Wirtschaftskonzept der FPÖ im Wahljahr 1995: Unternehmeroffensive, insbesondere Klein- und Mittelbetriebe sollen gefördert werden. Einige Monate vorher von der FPÖ ganz anders dargestellt.

So kann man es weiter fortsetzen: "Bündnis für Arbeitsplätze" der Freiheitlichen Partei. Der gemeinsame Nenner dieses Programmes, auch durchaus diskutierbar: Nach Auffassung der Freiheitlichen Partei sind die zu hohen Löhne der Arbeitnehmer und auf der anderen Seite die zu niedrigen Gewinne der Unternehmer schuld. (Abg. Dr. Haider: Habt ihr dagegengestimmt?) Abhilfe will die Freiheitliche Partei durch Umverteilung von unten nach oben, aber nicht von oben nach unten schaffen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Haider: Herr Präsident! Du bist kein Analphabet!)

Man kann das fortsetzen mit dem neuesten Programm der Freiheitlichen Partei. Die Steuerauswirkung des FPÖ-Vorschlages 1996: Senkung des Höchststeuersatzes von 50 auf 38 Prozent. – Lieber Kollege Haider! Das kostet ja "nur" 12 Milliarden Schilling... (Abg. Dr. Haider: Ein Gewerkschaftspräsident, der keine Vorschläge für die Arbeitsplatzsicherung hat! Das ist einmalig!) 12 Milliarden Schilling kostet das!

Die Senkung der Mindestkörperschaftsteuer von 50 000 auf 15 000 S (weitere Zwischenrufe des Abg. Dr. Haider ) – zuhören, Kollege Haider, zuhören! – kostet weitere 800 Millionen Schilling. Es ist nicht angenehm, wenn man sich mit den Programmen im Detail auseinandersetzt und nicht nur auf Überschriften reagiert. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zu den Sozialversicherungsanstalten. Ich bin sicher, daß noch einige Redner auf dieses Thema eingehen werden. Ich will hier klar und deutlich feststellen: Der Verwaltungsaufwand der Sozialversicherungsträger macht 3 Prozent aus. (Abg. Dr. Haider: Frau Krammer hat ganz anders geredet!) Ich gehe auf die Ausführungen meines Vorredners ein und nicht nur auf die Überschriften. Der Verwaltungsaufwand macht 3 Prozent aus. (Abg. Dr. Haider: Du verteidigst schon wieder die Bürokratie!) Die 1 169 deutschen Versicherungsanstalten haben 17 Prozent Verwaltungsaufwand. Wenn wir über Verwaltungsaufwand reden, dann überlege einmal, was es kostet, wenn mehr Versicherungen in einen Wettbewerb eintreten.

Meine Damen und Herren! Wenn es um Arbeitsplätze geht, dann sollte man sich auch mit dem aktuellen Arbeitsmarkt auseinandersetzen. Ich habe heute früh den Versuch gemacht, mit zwei prominenten Mitgliedern dieses Hohen Hauses auf Arbeitssuche zu gehen. Dr. Haider, von seiner Ausbildung her Jurist, würde zurzeit in Wien zwei offene Stellen vorfinden. Gesucht werden ein Referent für Frauenförderungsangelegenheiten, Gleichbehandlungsfragen im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst und ein Hausjurist bei einer Baugesellschaft. Das einzige Problem dabei ist, daß Kollege Haider als Jurist in seinem geliebten Kärnten keinen Arbeitsplatz finden würde. (Abg. Dr. Haider: Ich suche auch keinen!)

Präsident Maderthaner, der als Elektrotechniker in Wien fünf offene Stellen vorfinden würde, hat leider das Problem – und das ist ein Problem, das wir gemeinsam bewältigen müssen –, daß er zu alt ist für diese Arbeitsplätze, da er das 50. Lebensjahr bereits überschritten hat. (Abg. Dr. Graf: Den nimmt keiner mehr!) In Amstetten, in seiner Heimatgemeinde, gibt es überhaupt keinen Arbeitsplatz für einen Elektrotechniker, auch in St. Pölten nicht.

Das sind die Probleme, die wir heute auf dem Arbeitsmarkt vorfinden, meine Damen und Herren. Sie mögen nicht angenehm sein, sind aber Tatsache.

Wenn der Satz stimmt, daß nur Unternehmer Arbeitsplätze schaffen, dann frage ich mich, wo diese sind und wo die Zukunftskonzepte der Unternehmer sind, die sozial verträgliche und existenzsichernde Arbeitsplätze schaffen. Oder trifft da tatsächlich der Satz zu: "Daß der Arbeiter für seine Arbeit auch einen Lohn haben muß, ist eine Theorie, die heute allgemein fallengelassen worden ist."? – Das hat Kurt Tucholsky schon 1931 gesagt. Das sollte allerdings


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