Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 55

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nicht die heutige Devise sein. (Abg. Dr. Haider: Peinlich, daß der Gewerkschaftspräsident keine Ideen hat!)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, man sollte sich auch mit der heute schon mehrfach angesprochenen Frage der Lohnnebenkosten auseinandersetzen. Es wurde in der vergangenen Woche von der Wirtschaftskammer eine schwedische Untersuchung betreffend die österreichischen Lohnnebenkosten zitiert. Es ist bedauerlich, daß man jetzt wieder versucht, obwohl wir uns vor zwei Jahren in der Frage der Lohnnebenkosten geeinigt haben, den Eindruck zu vermitteln, daß die österreichischen Lohnnebenkosten wesentlich höher als in allen anderen Staaten seien. Der 13. und 14. Monatsgehalt zählen im internationalen Rahmen nicht zu den Lohnnebenkosten.

Wenn wir mit den Schweden konkurrierten, Kollege Maderthaner, dann würden sich die österreichischen Arbeitgeber wahrscheinlich schön bedanken, wenn sie statt 27 Prozent an Sozialabgaben 35 Prozent leisten müßten und der Rest über das Budget finanziert ist. Der Arbeitnehmer müßte auch mit 6 Prozent Belastung im Sozialbereich auskommen. (Abg. Dr. Haider: Da hast du recht!)

Ich meine also, daß es nur dann sinnvoll ist, über die Lohnnebenkosten im Zusammenhang zu sprechen, wenn man auch alles andere miteinbezieht. Da ist es eben eine Tatsache, daß die Lohnstückkosten in Österreich im Vergleich mit jenen unserer Haupthandelspartner günstiger sind als vor zwei Jahren. Daher sollten wir die Debatte unter anderen Voraussetzungen führen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist eine Tatsache, daß wir immer mehr auch einer internationalen Entwicklung in Österreich entgegentreten, die der amerikanische Sozialminister als "überzogene Wallstreet-Gesinnung" dargestellt hat, wo in Wirklichkeit nur mehr der Börsenwert eines Unternehmens im Vordergrund steht. Das ist in der "Neuen Zürcher Zeitung", die sicherlich nicht ein arbeitnehmerfreundliches oder sozialdemokratisches Organ ist, am 20. April dieses Jahres nachzulesen, wo über die Entwicklung des Arbeitsmarktes in der Welt, besonders aber in Europa geschrieben wird. Es ist nicht erklärlich, daß ein Generaldirektor eines Unternehmens wie AT&T durch die Ankündigung, daß er 40 000 Arbeitnehmer freisetzen wird, den Aktienkurs so in die Höhe schnellt, daß er selbst 160 Millionen Schilling Gewinn für das Jahr 1995 auf sein Konto gutschreiben konnte. – Das ist die Wallstreet-Gesinnung, die abgelehnt wird.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen eine Änderung dahin gehend, daß neben den Aktienkursen, neben den Aktionären auch die Interessen der Arbeitnehmer und Kunden sowie der Gesellschaft als Ganzes berücksichtigt werden. Ich glaube, daß alles andere eine falsche Entwicklung wäre.

Wir erleben es aber auch europaweit – das wurde auch hier im Hohen Haus angesprochen –, daß mit einer blinden Deregulierung versucht wird, da oder dort dem Problem Wirtschaftsentwicklung Herr zu werden. Ich bin eigentlich froh darüber, daß die EU-Kommission vor wenigen Wochen in einem Bericht feststellte, daß weniger Regulierung auch zu einem größeren Lohngefälle führt und daß der Beweis nicht erbracht werden konnte, daß durch Deregulierung, zum Beispiel in Amerika, zum Beispiel in England, tatsächlich mehr Beschäftigung geschaffen wird. Das einzige, was nachweisbar ist, ist, daß die Lohneinkommen sinken, daß die Sozialleistungen weg sind und daß die Armut in diesen Bereichen eindeutig zunimmt. Ich glaube, daß das auch nicht uninteressant ist.

Wenn zum Beispiel von der Freiheitlichen Partei heute die Konzentration der Sozialpartnerschaft auf betrieblicher Ebene verlangt wird, dann muß ich sagen, daß ich persönlich Sozialpartnerschaft nicht ausschließlich darin sehe, daß Präsident Maderthaner, Präsident Schwarzböck, Präsidentin Hostasch und ich einander gut verstehen und Ziele setzen, sondern sie lebt im wesentlichen davon, daß in den Betrieben Betriebsräte und Unternehmensführung gemeinsam versuchen, Lösungen der anstehenden Probleme für die Zukunft zu entwickeln. Aber das ist nicht eine neue Forderung, sondern das ist ein Modell, das bereits seit 1920 im Betriebsverfassungsgesetz definiert ist. Ich glaube, daß durchaus auch an Hand von praktischen Beispielen


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