Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 57

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Burschen als Automechanikerlehrlinge angemeldet und Mädchen als Lehrlinge bei Friseuren und Einzelhandelskauffrauen. – Das haben nicht wir alleine in der Hand, das ist eine Frage der Berufsinformation, das ist eine Frage der Einstellung, das ist aber auch eine Frage der Zurverfügungstellung geeigneter Lehrplätze.

In diesem Sinn, meine Damen und Herren, glaube ich, daß das Ziel der Wirtschaftspolitik darin liegen muß, daß für eine nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität durch Beschäftigungssicherung, durch Einkommenswachstum, durch faire Einkommensverteilung so zu sorgen ist, daß die Sozial- und Umweltstandards in unserem Lande erhalten bleiben und daß nicht wie ein Dauerprogramm immer wieder neue F-Programme die Wiederholung bereits bekannter Tatsachen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

13.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Ich erteile es ihm.

13.00

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe in dieser Debatte wieder einiges gelernt. Es ist zum Beispiel für die Freiheitliche Partei möglich, hier im Prinzip die Variation des Identischen zu vertreten. Das, was Sie immer schon gesagt haben in den letzten zwei Jahren und als Sparpaket der FPÖ oder als Beschäftigungsprogramm der Freiheitlichen, als "Kontrakt mit Österreich" verkauft haben, wird heute in einem anderen Gewand, aber im wesentlichen mit denselben Forderungen wieder präsentiert.

Im Prinzip war es auch den Vertretern der Regierung möglich, sich hier herauszustellen und zu sagen: Wir machen gute Politik, wir machen die beste Beschäftigungspolitik, und wenn ihr auf uns vertraut, ist alles in Ordnung.

Meine Damen und Herren! Ich denke, daß es eigentlich möglich, notwendig und wünschenswert wäre, sich in einer Zeit, in der wir nicht nur österreichweit, sondern europaweit erkennen müssen, daß Wachstum, Beschäftigung und der Sozialstaat in Gefahr sind, einige der Konzepte, die man in den letzten Jahren vertreten und auch durchgesetzt hat, dahin gehend anzusehen, ob man damit wirklich erfolgreich gewesen ist. Ich lese Ihnen vor, was Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, als Begründung für Deregulierung in Europa, als Begründung, warum wir dem EWR und der Europäischen Union beitreten sollen, gesagt haben.

Herr Nettig zum Beispiel hat im Jahre 1994 gesagt: Die Wiener Wirtschaft wird durch den EU-Beitritt um 10 Milliarden Schilling entlastet. Die gesamtösterreichische Exportwirtschaft würde durch einen EU-Beitritt rund 16,5 Milliarden Schilling, die Importeure rund 20 Milliarden Schilling lukrieren – also fast 40 Milliarden Schilling.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich jetzt hierherstellen und sagen, die Wirtschaft leidet, die Wirtschaft braucht Luft, dann frage ich Sie: Wo sind diese 40 Milliarden Schilling geblieben? Wo sind sie geblieben? Wo haben Sie den Wohlstand in Österreich vermehrt? Wo hat sich die Deregulierung in Europa und in Österreich tatsächlich positiv bemerkbar gemacht, so positiv, daß Wachstum, Beschäftigung, daß die Löhne profitiert hätten? Noch vor zwei Jahren ist gesagt worden: Nur dann, wenn wir der EU beitreten, ist es sicher, daß die Löhne nicht gekürzt werden. Wenn wir nicht beitreten, dann müssen die Löhne gekürzt werden. – Heute vertreten Sie – egal, ob Regierung oder Teile der Opposition – die Meinung, es sei möglich und notwendig, die Löhne zu kürzen, wenn wir die Aufgaben der nächsten Jahre bewältigen wollen.

Ich denke, es wäre wünschenswert, ja unabdingbar notwendig gewesen, sich anzusehen, was mit diesen Konzepten der Deregulierung in den letzten Jahren europaweit erreicht wurde. Abgeordneter Verzetnitsch hat vorher schon die "Neue Zürcher Zeitung" erwähnt. Ich möchte Ihnen sagen, was die "Neue Zürcher Zeitung" über die Beschäftigungspolitik, über die Perspektiven der europäischen Beschäftigungspolitik schreibt. Unter dem Titel "Ratlosigkeit des Europäischen Rates. Intensive Diskussion über die Beschäftigungspolitik" heißt es – ich zitiere –:


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