Selbstverständlich, Herr Kollege Verzetnitsch, haben wir auch ein Konzept, wie der Bauwirtschaft geholfen werden könnte. Aber unser Konzept setzt nicht bei der Bauwirtschaft an, das sage ich klipp und klar. Das kann nicht Zentrum der Beschäftigungspolitik sein. Und es kann auch nicht die Perspektive der Bauwirtschaft sein, sehr maschinenintensive, aber wenig arbeitsintensive Straßenprojekte zu betreiben, bei denen man zwar einige Maschinen einsetzen, aber nur sehr wenige Menschen beschäftigen kann. Es kann auch nicht die Perspektive einer Beschäftigungspolitik für den Bau sein, daß man, wie wir ja wissen – zuletzt gesehen an der Baustelle Freudenau –, nicht nur sehr viele Maschinen beschäftigt und wenige Leute, sondern die Leute, die dort arbeiten, teilweise auch noch aus illegalen Beschäftigungsverhältnissen kommen, weil es anders für die Baufirmen offensichtlich nicht mehr möglich ist, sich in dem Segment von Löhnen, das sie bereit sind, zu zahlen, Beschäftigung zu organisieren. Es kann nicht so sein, daß wir diesen Weg weitergehen.
Es kann aber auch nicht so gehen, wie es sich der Herr Haider vorstellt. Er hat vor einem Jahr einen Besuch in Amerika gemacht, Newt Gingrich zugehört und sich gedacht: Dieser "Kontrakt mit Amerika" ist eine wunderbare Sache, das müssen wir für Österreich übernehmen, das adaptieren wir. Wir machen einen "Kontrakt mit Österreich", mischen das gut durch mit dem, was wir schon gehabt haben – einmal durchschütteln! –, und präsentieren das dann – so wie es in den letzten Monaten geschehen ist – mehrmals heftig in Sondersitzungen hier im Parlament. Irgend etwas wird schon davon hängenbleiben, daß wir uns um die Arbeitsplätze kümmern.
Ich glaube nicht, daß das hängenbleiben wird, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Wenn man Ihre Konzepte betrachtet, wenn man sich ansieht, wie, unter welchen Bedingungen in Amerika Beschäftigung gesichert wird, dann kann man nicht zu der Annahme kommen, daß das ein Konzept ist, welches tatsächlich gut ist für die Beschäftigung, für die Arbeitnehmer, für die Unternehmer. In Amerika ist der breite Mittelstand derzeit ruiniert, meine Damen und Herren! Die einzigen, die von der Entwicklung in Amerika profitieren, sind die Oberklassen. Die Oberklassen sind es, die profitieren – und das ist auch Ihr Konzept, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen (Abg. Ing. Reichhold: Dann hast du es nicht gelesen!); ein Konzept, von dem die breite Mehrheit der Bevölkerung nichts haben würde – egal, ob Arbeitnehmer oder kleine Selbständige. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Reichhold: Das war jetzt peinlich!)
Das durchschnittliche Wocheneinkommen von Arbeitnehmern in Amerika in der Produktion und in anderen Jobs ohne Leitungsfunktion fiel zwischen 1973 und 1995 um 18 Prozent – das durchschnittliche! –, von 315 Dollar auf 258 Dollar pro Woche. Das ist offensichtlich Ihr Konzept! Im Vergleich dazu stieg das Jahresgehalt von Spitzenmanagern zwischen 1979 und 1989 brutto um 19 und netto gar um 66 Prozent. Um 66 Prozent! (Abg. Ing. Reichhold: Öllinger, was hat das mit unserem Konzept zu tun?)
Es ist daher kein Zufall, daß der Chef der Federal-Reserve Bank Alan Greenspan im Juli 1995 den Kongreß gewarnt hat, daß die wachsende Ungleichheit zu einer "bedeutenden Bedrohung unserer Gesellschaft" werden könnte. (Abg. Ing. Reichhold: Redest du von unserem Programm?) Ja, ich rede auch vom freiheitlichen Programm, das ja offensichtlich abgekupfert ist von den amerikanischen Vorstellungen. – Aber Sie sind nicht die einzigen, die abkupfern, das gebe ich schon zu; es gibt auch noch andere. (Beifall bei den Grünen.)
Ich denke, ein österreichisches Konzept müßte – da setze ich voll bei den Ausführungen des Kollegen Verzetnitsch an – woanders anknüpfen, nicht an den amerikanischen Erfahrungen, nicht an der Übernahme des amerikanischen Konzeptes oder des britischen Konzeptes, das nur ein schlechter, ein mieser Abklatsch des amerikanischen Konzeptes ist. Es müßte an den positiven Erfahrungen ansetzen, die wir mit der Entwicklung des österreichischen Modells in den letzten Jahren und Jahrzehnten gemacht haben.
Nicht zufällig, Kollege Reichhold, brachte "Die Zeit" – ich zitiere auch eine andere Zeitung – am 19. April 1996 einen einseitigen Bericht über ein österreichisches Unternehmen – ein einseitiger Bericht in der "Zeit" ist schon etwas wert –: "Der Strumpfhersteller Wolford setzt auf Menschen statt auf Maschinen und hängt die Konkurrenz ab." In einem Bereich, in dem es sehr schwierig