Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 25. Sitzung / Seite 21

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nicht nur nicht zu beschneiden, sondern sogar aufzuwerten, weil wir aufgrund der Tatsache, daß wir ein sehr gutes Verhältnis zu unseren Europaparlamentariern und auch zum nationalen Parlament haben und dabei immer sehr gut gefahren sind, auch wissen, daß es wichtig ist, daß Regierung und Parlamente – ich verwende bewußt den Plural – zusammenarbeiten. Gerade kleine Länder sind natürlich umso erfolgreicher, wenn eben nicht nur die Minister allein irgend etwas vertreten, sondern die Minister oder die jeweiligen Verhandler, die Beamten wissen, daß sie sich dabei auf eine möglichst breite Zustimmung der eigenen Parlamentarier berufen können.

Ich habe auch nie erkennen können, daß das Europäische Parlament irgendeinen Integrationsprozeß gestört hätte. Es gab einen einzigen Fall in der Kodezision, in der Mitentscheidung, wo tatsächlich eine Sache mühsam hin und her gegangen ist, eine Geschichte, die übrigens auch von den Europaparlamentariern sehr bedauert wurde.

Ich glaube, daß man durchaus die Spielregeln verändern kann, sodaß man schneller zu Entscheidungen kommt, auch in der Mitentscheidung, aber ich würde mich gegen eine Abwertung des Europäischen Parlaments sehr zur Wehr setzen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Abgeordneter Dkfm. Bauer.

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Meiner Meinung nach krankt die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union auch daran, daß sie einfach zu viel zu detailliert zu regeln versucht.

Meine Frage an Sie: Was halten Sie davon, die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union dadurch zu stärken, daß man, dem Gedanken des Subsidiaritätsprinzips folgend, Souveränitätsrechte wieder an die Nationalstaaten, an die nationalen Parlamente zurückgibt und sich auf einige wenige Bereiche, aber dort mit konkreten Durchgriffs- und Entscheidungsmöglichkeiten, beschränkt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich halte den Begriff der Subsidiarität, also die Rückverlagerung der Verantwortlichkeit auf die jeweilige Ebene – das muß ja gar nicht die nationale Ebene sein, das können auch die Länder, das können die Gemeinden sein – für sehr wichtig. Das ist auch vom früheren Kommissionspräsidenten Delors sehr unterstützt und – aufgenommen von seinem Nachfolger Santer – zu einem zentralen Thema gemacht worden. Die Erfolge sind bisher bescheiden, das muß man auch offen einbekennen.

Wir Österreicher kämpfen für diese Subsidiarität, wir kämpfen für die Konkretisierung, also für die Kriterien, nach denen so etwas gemacht wird, damit man nachher auch überprüfen kann: Ist wirklich etwas weitergegangen? Wir wollen die Methoden im Vertrag auch in Zusammenhang mit der Regierungskonferenz diskutieren. Wir sind auch das einzige Land, das sich bisher wirksam und laut für eine Stärkung des Ausschusses der Regionen einsetzt.

Ich möchte aber noch einen Gedanken, den Sie nicht erwähnt haben, hinzufügen: Mir ist es auch wichtig, daß wir vermehrt zu Mehrheitsabstimmungen kommen. Nicht in den ganz sensiblen Bereichen wie die Wahl der Energieträger, Raum- und Bodennutzung oder Wasserressourcen, dort bleibt es bei der Einstimmigkeit, desgleichen bei Finanzmitteln oder bei der militärischen Sicherheit, das ist klar, aber es gibt so viele Bereiche, in denen man mit Mehrheitsentscheidungen inhaltlich mehr erreichen kann, sodaß ich auch dieses Thema für sehr wichtig halte. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Abgeordneter Moser.

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Gerade die Ereignisse am Balkan haben gezeigt, daß die Europäische Union ein großes Handlungsdefizit im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik hat.


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