Zur Frage 8:
Die Arbeiten an der gesetzlichen Grundlage für die Umwandlung des ORF in eine Aktiengesellschaft sind derzeit in voller Diskussion, sodaß ich Ihnen zu einzelnen Organen wie einem Publikumsrat oder Publikumsbeirat beim besten Willen nichts sagen kann. Generell halte ich aber fest, daß die Rechtsform eines Unternehmens neutral ist und daher sondergesetzliche Regelungen darüber erlaubt, wie die Zuständigkeiten zwischen einzelnen Gremien verteilt werden.
Was nun die Kriterien der Aufteilung der Anteile der einzelnen Gebietskörperschaften betrifft, weise ich darauf hin, daß der ORF vor dem Jahre 1974 bereits eine Kapitalgesellschaft war. Das Stammkapital der damaligen "Österreichischen Rundfunk Gesellschaft m.b.H." betrug nach dem Gesellschaftsvertrag vom 11. Dezember 1957 insgesamt 115 Millionen Schilling, davon entfielen auf den Bund 114,1 Millionen Schilling oder 99,3 Prozent. Welches Modell für die Aufteilung gewählt wird, ist ebenfalls noch in Diskussion, doch gehe ich davon aus, daß eine Eigentümerschaft von Bund und Ländern das gesamtösterreichische Interesse am öffentlich-rechtlichen Auftrag am besten dokumentiert.
Was die Möglichkeit der Veräußerung von Anteilen betrifft, schlage ich vor, daß die Anteile nicht oder nur zwischen den Aktionären veräußert werden können. Eine Privatisierung würde aus meiner Sicht dem öffentlich-rechtlichen Auftrag widersprechen.
Zu Frage 9:
Aus der Kombination des öffentlichen Auftrags des ORF und seiner besonderen Eigentümerkonstruktion gehe ich davon aus, daß den Eigentümern nicht daran gelegen sein kann, daß der in der Frage 9 erwähnte Fall überhaupt eintritt. Eine Nachschußpflicht oder Pflicht zur Verlustabdeckung der Gesellschafter müßte wohl im Gesetz verankert werden.
Aber auch diesbezüglich stelle ich fest: Bei jeder AG, bei jeder Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann jederzeit die Hauptversammlung bei der AG oder die Generalversammlung bei der GesmbH eine Kapitalerhöhung beschließen, an der sich die Gesellschafter, die Aktionäre beteiligen, sodaß ich hier ganz normale gesellschaftsrechtliche Verhältnisse voraussetze und annehme.
Zu Frage 10:
Das im § 20 des Rundfunkgesetzes vorgesehene Programmentgelt ist ein Entgelt, das dem ORF für die Wahrnehmung seines öffentlich-rechtlichen Auftrags gebührt und unabhängig davon ist, ob der Inhaber einer Rundfunk- oder Fernseh-Rundfunk-Hauptbewilligung – also der Hörer oder Seher – das Programm tatsächlich konsumiert.
Wie ich schon mehrfach erwähnt habe, soll sich am öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF nichts ändern. Daraus folgend ist es nur konsequent, wenn auch das Programmentgelt oder – wie Sie formulieren – die Gebühr aufrechterhalten bleibt. In diesem Sinn ist es selbstverständlich auch gelegen, daß eine Anpassung des Programmentgelts aus Gründen der Inflation oder aus anderen Gründen denkbar sein und denkbar bleiben muß.
Zur Frage 11:
Meinem Verständnis nach gibt es das jetzt bereits. Nach § 2 des Rundfunkgesetzes hat der ORF schon jetzt in seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag die Verpflichtung, auch auf die Bedürfnisse der ethnischen Minderheiten einzugehen. Eine ausdrückliche Verankerung der ethnischen Minderheiten halte ich deshalb nicht für zweckmäßig, weil das im Umkehrschluß zu der Auffassung führen könnte, daß außer den explizit angesprochenen der ORF andere Minderheiten nicht berücksichtigen müßte. Der öffentlich-rechtliche Auftrag zielt gerade auch auf gesellschaftliche Integration und darf daher nicht nur ethnische, sondern muß auch sonstige Minderheiten erfassen. Und das muß bei der Programmierung berücksichtigt werden. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)